2. B gewinnt Pokalkrimi gegen Pauli

Erleichterung bei Laura Postels nach dem Tor zum 5:3

Erleichterung bei Laura Postels nach dem Tor zum 5:3

Wann geht der FC St. Pauli mal als Favorit in ein Derby gegen den HSV? Höchst selten, doch am Sonntag war es soweit. Als B-Juniorinnen-Verbandsligist waren die Braun-Weißen gegen die 2. B des HSV aus der Staffel MB 11 favorisiert, auch wenn sie nach zwei Spielen ohne Sieg Tabellenletzter waren. Trotz des Klassenunterschieds rechnete sich der HSV etwas aus. So vermochte Abteilungsleiter Thorsten Wolff vor dem Spiel keinen Stärkeunterschied auszumachen. Es war an der Mannschaft, die er in der Vorsaison noch gemeinsam mit Mac Agyei-Mensah betreute, ihn nicht Lügen zu strafen.

Karen Restrepo im Zweikampf

Karen Restrepo im Zweikampf

Die ersten zwanzig Minuten der Partie sind leicht abgehandelt: Sie waren ausgeglichen, seitens des HSV etwas zielstrebiger, aber ohne Torchancen. Beide Teams brauchten lange, um sich zu sortieren. Die erste echte Chance hatten die Rothosen. Sophie Treu zog aus 23 Metern scharf ab und zwang Hamiye Bayraktar im Tor der Paulianerinnen zu einer Parade, die einen Eckball zur Folge hatte. Diesen brachte Michelle Porsch von rechts herein, Bayraktar ließ die Kugel frei fallen, und Laura Postels staubte erfolgreich ab. Doch der Schiedsrichter Murat Alisan gab den Treffer nicht – aus unerfindlichen Gründen, denn Bayraktar war auch nicht behindert worden. Vielleicht hatten ihm Regentropfen auf der Brille die Sicht vernebelt? Wenige Minuten später allerdings wurde die Brille unfreiwillig von einer HSV-Spielerin geputzt, die beim Versuch, den Ball aus der Luft Richtung Strafraum zu befördern, den Schiedsrichter aus zwei Metern im Gesicht traf, aber nach zwei Minuten Unterbrechung konnte es weitergehen.

"Wieso?" Porsch, Postels und Müller verstehen nach dem nicht gegebenen Tor die Welt nicht mehr

"Wieso?" Porsch, Postels und Müller verstehen nach dem nicht gegebenen Tor die Welt nicht mehr

Der HSV war die engagiertere und offensivere Mannschaft. Karen Restrepo marschierte in der 25. Minute den rechten Flügel entlang und wollte in die Mitte passen. Per Zufall landete die Kugel rechts am Fünfmeterraum, wo Porsch ans Außennetz traf. Eine Minute später konterten die Platzherrinnen über rechts, Restrepo überlief ihre Gegenspielerin, schoss aus 18 Metern aber rechts vorbei. Nach einer halben Stunde gingen sie und Nadine Enriquez raus, Melanie Bischoff und Svenja Wiering kamen herein. Zwei Minuten darauf folgte der erste nennenswerte Angriff der Gäste. Sie konterten schnell bis zum Strafraum, der Ball wurde quer gepasst, und beim Abschluss von der Strafraumgrenze kam Kim Samanta zu spät, der Ball schlug flach links ein – 0:1 (31.). Bis dahin hatte der HSV St. Pauli im Griff gehabt und hätte eigentlich auch führen müssen, bekam dann aber durch einen einzigen schnellen Gegenzug die kalte Dusche, die bis dato nur aus den Wolken kam. Aber sie reagierten auf den Rückstand recht trotzig. In der 36. Minute spitzelte Porsch den Ball bedrängt weiter zu Alexandra Müller. Bei deren Flanke von rechts stand Laura Postels genau da, wo eine Torjägerin stehen muss, stieg hoch, ließ das Leder leicht über die Stirn streichen und verlängerte dessen Flugbahn exakt Richtung oberen linken Winkel, wo es schließlich unhaltbar zum 1:1 einschlug – ein Traumtor!

Lena Nickels stoppt einen Vorstoß der Gäste

Lena Nickels stoppt einen Vorstoß der Gäste

Mit dem Ausgleich wäre die Stimmung in der Halbzeitpause gerettet gewesen. Doch nach einem Fehler von Lena Nickels lief eine Angreiferin der Gäste aufs HSV-Tor zu, flankiert von zwei Gegenspielerinnen. Trotzdem kam HSV-Keeperin Biesenbaum weit aus ihrem Tor gelaufen und kassierte prompt den Schlenzer aus dreißig Metern ins leere Tor – 1:2 (40.). Ein Geschenk, das muss man leider so sagen, denn sehr wahrscheinlich hätte eine der beiden mitgelaufenen Abwehrspielerinnen noch eingreifen können, wäre Biesenbaum im Strafraum geblieben. So ging es – knapp eine Minute zu früh und trotz der Unterbrechung nach dem Kopftreffer ohne Nachspielzeit in die Halbzeitpause. Der Rückstand war unverdient, denn der HSV hatte mehr vom Spiel, die besseren Chancen und sogar ein nicht gegebenes Tor erzielt. Aber St. Pauli erwischte sie zweimal nach individuellen Fehlern eiskalt.

Melanie Bischoff schirmt den Ball ab

Melanie Bischoff schirmt den Ball ab

Für die zweite Halbzeit hatten sich die Rautenmädels was vorgenommen. Zwei Minuten nach Wiederanpfiff hielt Nickels aus 30 Metern drauf, der nasse Ball rutschte Bayraktar durch, kullerte dann aber knapp rechts am Pfosten vorbei. Dann schoss Porsch von der Strafraumgrenze auf die Torhüterin (45.). Chancen gab es nun im Minutentakt. Nach einem Abwehrfehler kam Postels im Strafraum in Ballbesitz, schoss aus 12 Metern, aber Bayraktar klärte per Fußabwehr zur Ecke. Eine Minute darauf schoss sie mit links direkt aus 17 Metern scharf aufs Tor, doch die Pauli-Keeperin hielt im Nachfassen. Und nach Flanke von Müller köpfte Porsch rechts vorbei (48.). Die Rothosen drückten mit aller Macht auf den Ausgleich. In der 52. Minute mit Erfolg: Durch einen Abwehrfehler kam Postels an den Ball, zog aus 24 Metern ab, und der Ball senkte sich über die zu weit vor dem Tor stehende Bayraktar hinweg ins Netz – 2:2. Und wieder so ein Ding von Postels, die sich offenbar an diesem Tag vorgenommen hatte, nur schöne Treffer zu erzielen.

Jennifer Holst freut sich mit Laura Postels über deren 2:2

Jennifer Holst freut sich mit Laura Postels über deren 2:2

Der HSV drängte auf den Führungstreffer und lief in einen Konter. Ein langer Ball hinter die weit aufgerückte Abwehr brachte der 1:2-Schützin erneut eine gute Chance. Aus abseitsverdächtiger Position lief sie allein aufs Tor zu, schlenzte aufs lange Eck, traf den Innenpfosten, und von dort sprang die Kugel hinter die Linie – 2:3 (59.). Wahnsinn! Drei Chancen, drei Tore für St. Pauli. Wenn man der Abwehr einen Vorwurf machen will, dann höchstens den, zu weit aufgerückt zu sein, was aber bei einer Abseitsfalle durchaus notwendig ist. Und wieder rannten sie einem Rückstand hinterher, zum dritten Mal in diesem Spiel. Für Dilara Gencol, die nach dem 1:1 eingewechselt worden war, kam nun Larisa Ottmann wieder zurück auf den Platz. Deren Eckball von rechts knallte Postels per Direktabnahme aufs Tor, doch Bayraktar klatschte ab und hielt die Kugel im Nachfassen fest (65.). Dann passte Bischoff von links vor den Strafraum. Porsch nahm den Ball an, drehte sich und zog flach mit links ab. Aus 15 Metern war für Bayraktar nichts zu machen, er schlug flach links zum 3:3 ein (66.).

Im Kampf um den Ball ging es mitunter hoch her

Im Kampf um den Ball ging es mitunter hoch her

Der HSV blieb dran, wollte den Führungstreffer. Nur eine Minute nach dem erneuten Ausgleich wurde eine Hereingabe von Ottmann abgefälscht und kam zu Porsch. Die nahm den Ball mit dem Rücken zum Tor an, drehte sich nach rechts Richtung Fünfmeterraum, schloss ab – und traf die Latte! Nicht zu fassen. Bischoff ging dann wieder raus, Enriquez ersetzte sie auf der linken Seite. In der 72. Minute brachte Ottmann die nächste Ecke herein, vorbei an Freund und Feind. Am zweiten Pfosten stand jedoch Müller, brachte den Ball aufs Tor und traf wieder nur das Gestänge. Der Abpraller kam zu Porsch, und die traf aus der Drehung kraftvoll ins kurze Eck zum 4:3 (72.). Erleichterung bei den Rothosen. Nun war St. Pauli am Zug, musste kommen. In der Schlussphase begegneten die Platzherrinnen dem Druck der Gäste mit langen Befreiungsschlägen. Fünf Minuten vor dem Ende musste Jennifer Holst verletzt raus, dafür kam Jazmin Arteaga herein. Aber das Team von Mac Agyei-Mensah und Sylvia Booker bekam noch Möglichkeiten, das Spiel vorzeitig zu entscheiden. Postels tankte sich in der 77. Minute im Mittelfeld durch und spitzelte das Spielgerät in den Strafraum. Es kullerte zur Torauslinie, aber Enriquez setzte nach, die abschirmende Verteidigerin unter Druck und luchste ihr bissig den Ball ab. Dann spielte sie quer, doch Porsch kam am zweiten Pfosten einen Schritt zu spät. An der Seitenlinie vernahm man ein einhelliges Aufstöhnen.

Larisa Ottmann zieht ab, aber Bayraktar hält ihren Schuss

Larisa Ottmann zieht ab, aber Bayraktar hält ihren Schuss

Eine Minute darauf passte Müller vom rechten Flügel vor den Sechzehner, Ottmann nahm die Vorlage an und schoss flach aus 19 Metern, aber Bayraktar war unten. Würde St. Pauli nochmal zu einer Chance kommen? Ja. Die Schlussminute der regulären Spielzeit war angebrochen. Wieder wurde die Abwehr durch einen langen Ball düpiert, eine Mittelfeldspielerin der Gäste lief frei auf Biesenbaum zu, legte sich die Kugel einen Tick zu weit vor, im Strafraum stürzte sich die HSV-Keeperin mit waghalsigem Einsatz Ball und Gegenspielerin entgegen und rettete die Führung. Eine starke Aktion, mit der sie den Fehler beim 1:2 wieder wettmachte. Aber noch war nicht Schluss. Es gab drei Minuten Nachspielzeit. Wo der Schiedsrichter die herholte – keiner wusste es. Aber das gab dem HSV die Möglichkeit, das Zittern loszuwerden und die Verlängerung endgültig abzuwenden. Die Rothosen konterten, links überlief Enriquez ihre Gegenspielerin und legte quer. Der Ball wurde abgefälscht, Ottmann zog aus der Drehung ab – links vorbei (80.). Nach dem Abstoß kam Postels an den Ball, probierte es aus 30 Metern. Bayraktar war dran, aber der Schuss rutschte ihr über die Fingerkuppen und ins Netz – die Entscheidung (80.+1)! Das Spiel war gelaufen. Der 5:3-Sieg war hochverdient. Die HSVerinnen kämpften 80 Minuten tapfer. Den Ausschlag gab zum einen die Kondition, zum anderen die individuellen Stärken. Trotz anfälliger Defensive setzten sie sich durch: Gegen Strafraumwülerin Porsch und Brecherin Postels war für die Gäste vom Heiligengeistfeld kein Kraut gewachsen.


Statistik

Hamburger SV II.: Biesenbaum – Samanta, Nickels, Holst, Müller – Enriquez, Treu, Restrepo – Ottmann – Postels, Porsch

FC St. Pauli: Bayraktar – Carkal, Demme, Prawers, Özcelik, Sahin, Egert, Karow, Köyunan, Demal, Senoglu; Einwechselspielerinnen: Nickel, Caylak

Schiedsrichter: Murat Alisan

Tore: 0:1 (31.), 1:1 Postels (36.), 1:2 (40.), 2:2 Postels (52.), 2:3 (59.), 3:3 Porsch (66.), 4:3 Porsch (72.), 5:3 Postels (80.+1)

Gelbe Karten: keine

Anmerkung: Leider war eine Zuordnung der Spielerinnen vom FC St. Pauli nicht möglich, da die Vereinsvertreter auf dem Spielberichtsbogen keine (nicht fest vergebenen) Rückennummern eingetragen haben und der Trainer der Gäste auf Nachfrage auch nicht imstande war, diese nachzuvollziehen. Wir bitten um Verständnis.

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