Erste Niederlage sorgt für Aufregung

Saskia Schippmann ist geschlagen, Lisa Seeger trifft zum 0:2

Saskia Schippmann ist geschlagen, Lisa Seeger trifft zum 0:2

Sieben Spiele waren vor dieser Begegnung gegen den VfL Oythe in der Regionalliga Nord absolviert, und die dritte Mannschaft des HSV war – entgegen aller Vermutungen – noch immer ungeschlagen. Was beim Betrachten des Spielplanes vor Saisonbeginn wohl spätestens am zweiten Spieltag hätte eintreten sollen, ließ auf sich warten. Bis zu diesem Spiel. Es war aus mehreren Gründen nicht nur das schlechteste in dieser Spielzeit, aus den gleichen Ursachen heraus war die 1:2-Niederlage gegen den Tabellenvierten aus Niedersachsen auch unnötig. Und die Rothosen bezahlten am Sonntag mächtig Lehrgeld.

Personell ging die Truppe von Peter Schulz abermals auf dem Zahnfleisch. Lara Wolff und Claudia Teixeira Pinto fehlten neben den Langzeitverletzten komplett, Katrin Schwing und Vanessa Hamed waren angeschlagen, aber im Kader. Zwischen den Pfosten stand Bundesliga-Reservistin Saskia Schippmann, die – endlich – mal Spielpraxis bekam, auf der Bank mit Schwing und Yasmine Sennewald zwei etatmäßige Keeperinnen, wobei Sennewald als Feldspielerin vorgesehen war. Ihr Debüt in der Startelf gab Birte Anhenn auf der rechten Abwehrseite.

Maike Timmermann schirmt den Ball gegen Franka Dreyer ab

Maike Timmermann schirmt den Ball gegen Franka Dreyer ab

Die Gäste bekannen respektlos, aber weitgehend harmlos. In der 4. Minute musste Anhenn einmal vor Patricia Neemann retten, ansonsten aber verpufften die Offensivbemühungen, und der HSV bekam das Geschehen besser in den Griff. Auf der anderen Seite ging Kathrin Miotke, zweite Spitze neben Maike Timmermann, aus spitzem Winkel von links aufs Tor zu, aber Torhüterin Carina Heyens parierte ihren Schieber vom Eck des Fünfmeterraums mit dem Fuß (6.). Weitaus größer war Miotkes Gelegenheit nach zehn Minuten: Odzakovic spielte die Kugel aus der Zentrale an den Strafraum, Franka Dreyer trat über den Ball, und dahinter war Miotke frei, konnte sich die Ecke aussuchen. Aber sie schoss weder auf die linke noch die rechte Ecke und probierte auch keinen Lupfer: Sie zielte genau auf die Mitte, Heyens wehrte ab, und diese Großchance war kläglich vergeben. Zwei Minuten später war Timmermann an der Reihe. Mit doppeltem Übersteiger versuchte sie, ihre Gegenspielerin zu narren, zielte dann aus 23 Metern drüber.

Nadine Odzakovic mit typisch energischen Antritt - wenn sie Platz hatte

Nadine Odzakovic mit typisch energischen Antritt - wenn sie Platz hatte

Die Rothosen blieben am Drücker, spielten sich in dieser Phase beinahe in einen Rausch. Die nächste gute Möglichkeit bot sich nach einer spielerisch sehr ansehnlichen Kombination. Ziselsberger hob das Spielgerät an den Strafraum. Timmermanns Kopfballverlängerung landete bei Rabea Garbers, die Sabrina Roth mit einem Lupfer ins Leere laufen ließ, und Timmermann verzog akrobatisch mit links nur Zentimeter über den Querbalken (13.). Nach Eckball von Odzakovic war es die aufgerückte Kapitänin Tanja Thormählen, deren Aufsetzer in der 17. Minute vorbei ging. Was war mit Oythe? Die Gäste aus dem Landkreis Vechta kamen erstmals in der 23. Minute nennenswert gefährlich zum Abschluss. Kathrin Seeger schickte halbrechts ihre Schwester Lisa, die in den Sechzehner eindrang und dann genau auf Schippmann abzog. Doch dann war wieder der HSV dran. Odzakovics Volley aus 27 Metern strich Zentimeter über die Latte (27.). Die nächste Möglichkeit vergab Garbers, als sie nach Pass von Pajtesa Kameraj den Ball mitnahm und ihr Schuss von Heyens zur Ecke abgelenkt wurde (29.). Dann war Timmermann nach 35 Minuten rechts im Strafraum durch und brauchte eigentlich nur noch aufs lange Eck schießen. Doch die Goalgetterin entschied sich völlig falsch und legte nochmal quer auf Miotke. Die aber kam gar nicht an den Ball, weil Roth dazwischen war. Zudem stand sie im Abseits. Das brachte den Trainer auf die Palme, der – wie jeder andere an der Seitenlinie – nicht verstehen konnte, warum Timmermann nicht selbst den Abschluss suchte.

Statt selbst zu schießen, legt Timmermann quer, und Oythe klärt

Statt selbst zu schießen, legt Timmermann quer, und Oythe klärt

Die Hanseatinnen waren bis dahin über weite Strecken das bessere Team gewesen. Oythe verlegte sich auf Konter, wartete auf Fehler des Tabellenzweiten. Wie den in der 37. Minute. Lisa Seeger brachte einen durchaus umstrittenen Freistoß aus dem rechten Halbfeld in den Strafraum. Freund und Feind verpassten zunächst, aber Miriam Mowwe reagierte am schnellsten. Sie spitzelte den Ball aus dem Gewühl direkt aufs Tor. Schippmann parierte zunächst in höchster Not mit dem Fuß, legte Mowwe die Kugel aber ungewollt wieder auf den Fuß. Beim Nachschuss war Schippmann zwar dran, der Ball aber kullerte zum 0:1 in die Maschen. Ein Gegentreffer, der eine Fehlerkette zur Ursache hatte: Abgesehen von der Freistoßentscheidung selbst, sprang Thormählen am Strafraum unter dem Ball durch. Das kann passieren, dann aber muss dahinter mindestens eine Verteidigerin zwischen Tor und Gegner stehen. Doch dort herrschte mit Ausnahme der Torhüterin gähnende Leere, und daher war durch das nicht mehr ausreichende Zupacken im Gewühl das Tor die logische Konsequenz.

Lisa Seeger allein vor Schippmann, schlägt die Einladung nicht aus

Lisa Seeger allein vor Schippmann, schlägt die Einladung nicht aus

Wie würde der HSV das verdauen? Immerhin war er für die schlechte Chancenverwertung und Unkonzentriertheiten bestraft worden. Zunächst folgte die zweite Bestrafung. Kröger schlug den Ball hinten raus an die Mittellinie zu Lisa Seeger. Die war vorderste Spielerin und hatte die komplette Viererkette vor sich. Was also würde sie tun? Zurückspielen? Nein: Die Stürmerin lief auf die Kette zu und düpierte sie einfach mit einer Fünfzehn-Meter-Sprintvorlage! Dann marschierte sie auf das Tor von Schippmann zu und schoss locker und unhaltbar ins lange Eck zum 0:2 (40.). So einfach darf sich eine Hintermannschaft nicht lächerlich machen lassen, nicht in dieser Spielklasse… Wenigstens kam noch einmal Gegenwehr. Odzakovic schickte Timmermann mit einem Pass hinter die Abwehr in den Strafraum, und aus halblinker Position traf die Stürmerin mit links zum 1:2-Halbzeitstand (44.).

Maike Timmermann verkürzt kurz vor der Pause auf 1:2

Maike Timmermann verkürzt kurz vor der Pause auf 1:2

Der Rückstand war natürlich unnötig, zumindest aber durch den Anschlusstreffer nicht aussichtslos. Die Rothosen, heute in nicht satzungsgemäßem Dress mit weißer Hose und roten Stutzen angetreten, hatten viele Chancen gehabt, war vielfach aber auch zu unentschlossen vor dem gegnerischen Gehäuse. Auch die Unzulänglichkeiten, die die Gegentore einbrachten, dürfte HSV-Coach Peter Schulz, der mit einem schlechten Gefühl ins Spiel gegangen war und entweder schlechte „Vibes“ verbreitet oder ein gutes Näschen gehabt hatte, in seiner doch lautstarken und gestenreichen Halbzeitansprache angesprochen haben. Denn der VfL Oythe ließ im Spiel nicht erahnen, dass er in der oberen Tabellenhälfte beheimatet war: Vor allem im Mittelfeld fehlten die Ideen, und in der Defensive waren sie, wenn gefordert, anfällig.

Die Halbzeitansprache des verärgerten HSV-Trainers war gestenreich

Die Halbzeitansprache des verärgerten HSV-Trainers war gestenreich

Zum zweiten Durchgang stellte Schulz um. Er brachte Yasmine Sennewald als dritte Spitze neben Timmermann und vor der nun etwas hängend agierenden Miotke. Birte Anhenn, der viele Fehler unterliefen, ging raus, Kameraj übernahm ihre Position, und Odzakovic war nun einzige Spielerin auf der Sechser-Position. Und die Gastgeberinnen waren auch drückend überlegen, schnürten die Gäste ein, die sich vielbeinig und tief um den eigenen Strafraum einmauerten. Dennoch brauchten sie satte 24 (!) Minuten, um zu einer halbwegs brauchbaren Chance zu kommen. Ein Freistoß von Odzakovic segelte in den Strafraum, aber sowohl Garbers wie auch Timmermann verpassten.Offensivaktionen des VfL waren noch vereinzelter als in der ersten Hälfte. Nach Ecke von Neemann in der 71. Minute konnte Schippmann den Volley von Kathrin Seeger aufnehmen. Drei Minuten später erlief Garbers einen zu lang gewordenen Eckball von Odzakovic, spielte rechts zurück, Kameraj flankte ins Gewühl vor dem Gästetor, und schließlich schoss Paula Ziselsberger aus elf Metern direkt drüber (74.).

Tanja Kröger ist vor der eingewechselten Yasmine Sennewald am Ball

Tanja Kröger ist vor der eingewechselten Yasmine Sennewald am Ball

Mit zunehmender Spielzeit geriet immer mehr die insgesamt überforderte Schiedsrichterin Annika Hobst samt Gespann ins Blickfeld. Nicht nur, dass alle drei so manche Nicklichkeit übersahen, wie von Lisa Seeger, unter anderem gegen Tanja Thormählen abseits des Balles, auch Fouls wurden unterschiedlich ausgelegt. Hier fiel vor allem Patricia Neemann auf, die nach vernünftiger Regelauslegung zu diesem Zeitpunkt längst unter der Dusche hätte stehen müssen. Hinzu kam, dass Oyther Freistoßmauern die vorgeschriebenen 9,15 Meter massiv unterschreiten durften, ohne dass sich Frau Hobst dafür auch nur ansatzweise interessierte. Dass eine derart nachlässige Spielleitung für eine Mannschaft, die einen Rückstand zu egalisieren versucht, ein zusätzliches Hindernis darstellt, dürfte jedem Laien klar sein. Hinnehmbar ist das in keinem Fall. Der HSV kämpfte, aber sozusagen „in Unterzahl“ fiel es immer schwerer. Nach einem Kopfball Thormählens neben das Tor im Anschluss an eine Odzakovic-Ecke musste Rabea Garbers humpelnd raus, und Jennifer Kaminski kam in die Partie (80.). Der letzte Joker war die bullige Vanessa Hamed, für die Thormählen runter musste.

Kathrin Miotke, bedrängt von Türkiye Yildiz

Kathrin Miotke, bedrängt von Türkiye Yildiz

Logischerweise liefen die Rothosen, die alles nach vorn warfen, in einen Konter. Im Doppelpass mit Lisa Seeger tauchte Eva-Maria Kollmer frei vor dem HSV-Kasten auf, traf dann aber nur das Außennetz (85.). Oythe spielte jetzt mit Wechseln die Zeit herunter, aber auch das ging nicht ohne Unsportlichkeiten ab, die Hobst nicht unterband. Zuerst kam Beate Kunze für Neemann (87.). Dann wurde Anna Lübberding für Mowwe eingewechselt. Die letzte Auswechslung in der Nachspielzeit trieb den Unfähigkeitsbeweis für die Schiedsrichterin allerdings auf die Spitze: Lisa Seeger, die im Spiel mehrfach hätte verwarnt werden können oder gar müssen, ging bei ihrer Auswechslung für Daniela Perk provozierend langsam zur Seitenlinie. Hobst fiel dies zwar auf, mehr als eine Aufforderung, sich zu beeilen, kam dabei nicht heraus. Doch statt die nicht einen Deut schneller gehende Spielerin zu sanktionieren oder auf die Nachspielzeit einen Aufschlag zu geben, gestattete die Seevetalerin dem Team aus ihrem Bundesland, derart die Zeit herunterzuspielen. Unfassbar! Entsprechend schafften die frustrierten Hamburgerinnen auch keine Tormöglichkeit mehr, und Oythe bummelte das Spiel über die Zeit.

Eva-Maria Vollmer trifft das Außennetz und vergibt das 1:3

Eva-Maria Vollmer trifft das Außennetz und vergibt das 1:3

Der Sieg der Gäste war nach Chancen und Spielanteilen unverdient. Mit Fußball hatte diese Partie allerdings wenig gemein, im Gegenteil: Der VfL betrieb über die gesamte Spielzeit eine Fußballverhinderung, dass es unbegreifbar ist, wieso so eine Truppe sich in der dritthöchsten Spielklasse halten kann. Dass sie mit ihrer Augenkrebs verursachenden „Spiel“weise dafür auch noch mit drei Punkten belohnt wurden, lag teils an der Frau in Grau wie auch am HSV selbst. Mit einer Unparteiischen, die dem Sport, den sie ausübt, und den damit verbundenen Aufgaben gewachsen ist, wäre ein anderes Spiel möglich gewesen.

Schiedsrichterin Annika Hobst mit Gespann - Ziel berechtigten Zorns

Schiedsrichterin Annika Hobst mit Gespann - Ziel berechtigten Zorns

Das soll nicht darüber hinweg täuschen, dass der HSV im zweiten Spielabschnitt seine schwächste Saisonleistung zeigte. Klare Aktionen, vor allem Abschlüsse, waren kaum vorhanden. Im Spiel des HSV steckte zu viel Zufall, und sie waren weitgehend ideenlos gegen die Elf-Spieler-Verteidigung der Gäste. Vor allem Ziselsberger, Anhenn, Miotke und Meinberg zeigten sich in keiner guten Verfassung. Heute gegen Bergedorf 85 muss eine klare Leistungssteigerung her, auch wenn Birte Anhenn und Pajtesa Kameraj verhindert sind.

Ein Bild wie ein Symbol: Gewühl und Zufall statt klarer Chancen

Ein Bild wie ein Symbol: Gewühl und Zufall statt klarer Chancen


Statistik

Hamburger SV III.: Schippmann – Thormählen (83. Hamed), Winter, Meinberg, Anhenn (46. Sennewald) – Garbers (80. Kaminski), Odzakovic, Kameraj, Ziselsberger – Timmermann, Miotke

VfL Oythe: Heyens – Kröger, Roth, Hartmann, Dreyer – Kollmer, K. Seeger, L. Seeger (90. Perk) – Yildiz – Mowwe (89. Lübberding), Neemann (87. Kunze)

Schiedsrichterin: Annika Hobst (Seevetal) mit Martin Meyer und Hendrik Haehnert

Tore: 0:1 Mowwe (37.), 0:2 L. Seeger (40.), 1:2 Timmermann (44.)

Kommentar:

Nanne, Eingereicht am 01.11.2010 um 22:23: Eine sehr objektive Spielanalyse! Klasse! Besser geht es wirklich nicht… Liebe Grüße vom VFL OYTHE!

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