Neues von den 2. Frauen – Teil III – Das Interview

Das Jahr 2012 ist noch jung. Ein guter Zeitpunkt, um auf die Hinserie der Regionalliga Nord zu blicken, die Ereignisse der Winterpause zu beleuchten und einen Ausblick auf die Rückrunde zu wagen.

Kuddel hat hierzu den Trainer der 2. Frauen, Peter Schulz, befragt:

Kuddel: Hallo Peter, als Aufsteiger konnte Dein Team in der letzten Saison Herbstmeister werden. Am Ende kam ein beachtlicher 4. Platz in der Regionalliga Nord heraus. Jetzt seid Ihr wieder Herbstmeister geworden, überwintert auf Platz 2. Wie beurteilst Du diese Erfolge und die Entwicklung Deines Teams?

Schulz: Hallo Kuddel, zuerst wünsche ich Dir ein frohes neues Jahr. Der mannschaftliche Erfolg der letzten Saison war wirklich beachtlich, aber auch sehr überraschend für uns. Als Aufsteiger mit einem der jüngsten Teams unter die Top-Five zu gelangen war nicht absehbar, und wenn man bedenkt, dass die Mannschaft noch 2009 am Spielbetrieb in der Hamburger Landesliga teilnahm, ist dies ein Quantensprung. Aber unser Augenmerk liegt primär bei der individuellen Förderung der Spielerinnen. So ist z. B. neben der Integration von jungen talentierten Nachwuchsspielerinnen, der Aufstieg von Maike Timmermann in die erste Mannschaft, ein ebenwertiger Erfolg!

In dieser Saison ist die Herausforderung für uns noch größer und deshalb bewerte ich den mannschaftlichen Erfolg als sehr gute kollektive Leistung. Bekanntlich ist die zweite Saison immer schwieriger und mit Yasmine Sennewald, Nadine Odzakovic und Kathrin Miotke verließen Anfang der Saison drei erfahrene Leistungsträgerinnen das Team. Zusätzlich ist die Regionalliga in dieser Saison spielstärker als noch im vergangenen Jahr. Trotzdem sollten wir realistisch bleiben und die Trauben nicht zu hoch hängen. Es gab Spiele, in denen wir auch etwas glücklicher als der Gegner waren. Sollten wir am Ende der Saison wieder eine Platzierung unter den ersten fünf Mannschaften erreichen, so wäre das ein riesen Erfolg für die junge Mannschaft!

Kuddel: Im letzten Winter hast Du Dein Team kräftig ergänzt. Carolin Reiß, Jana Wethje, Tania Rocha Ferreira sind gekommen. Inzwischen sind diese ein Jahr dabei. Zu Saisonbeginn kamen weitere neue Spielerinnen, etwa Fjolla Gara und Justine Kusi von den B-Mädchen. Auch Jacqueline Bleser und Songül Aydin stießen zur Mannschaft. Haben sie Deine Erwartungen erfüllt?

Schulz: Grundsätzlich sind meine Erwartungen, dass neue Spielerinnen fest in die Mannschaft integriert werden. Hier benötige ich die Hilfe des Teams. Bei den aufgeführten Spielerinnen wurden diese Erwartungen voll erfüllt! Die sportliche Entwicklung der Mädels ist ebenfalls sehr positiv. Mit Fjolla und Justine konnten wieder zwei Nachwuchsspielerinnen aus den eigenen Reihen, den Sprung in die 3. Liga erfolgreich bewältigen. Carolin Reiß hatte bereits Erfahrung in dieser Spielklasse konnte sich aber gerade im taktischen Bereich verbessern. Jacqueline Bleser kannte ich schon als Stürmerin aus ihrer Zeit bei Duwo 08 und wusste deshalb von ihren Qualitäten. Bei ihrem Anruf im Juli 2011 bekam Jacky bereits meine Zusage am Telefon. Sie passt auch menschlich sehr gut zu uns und entwickelt sich zur Allrounderin. Jana und Songül hatten sich zu unserer Sichtung angemeldet, Songül bereits zum vierten Mal. Beide spielten vorher in der vierten Liga und sind auf einem guten Weg sich in der Regionalliga zu etablieren. Songül schaffte zusätzlich den Sprung in den erweiterten U19 Kader der Hamburger Auswahl, ebenso Tania, die bereits 1x wöchentlich am Training der 1.Bundesligamannschaft teilnimmt.

Kuddel: Nach all diesen Zugängen: es gab auch Abgänge. Yasmine Sennewald, Anica Lekat, Tanja Thormählen und Pajtesa Kameraj sind nicht mehr dabei. Wie kam es dazu?

Schulz: Yasmine hat ihre Ausbildung im Restaurant- und Hotelgewerbe begonnen. Die Arbeitszeiten konnten leider nicht mit dem Trainings- und Spielbetrieb, in der Regionalliga, koordiniert werden. Sollten sich hier Änderungen ergeben, hat Yasmine jederzeit die Möglichkeit ins Team zurückzukommen! Pajti teilte mir ihre Entscheidung, die Mannschaft zu verlassen, im Dezember mit. Eine Entscheidung, die absehbar war, die ich allerdings sehr bedauere. Anica konnte sich nach ihrer schweren Knieverletzung leistungsmäßig zurückkämpfen, aber bedingt durch ihr Studium gab es zeitliche Einschränkungen, weshalb es auch zu keinem Einsatz mehr in der Regionalliga kam. Tanja wird eine neue sportliche Herausforderung angehen. Allen vier Spielerinnen wünsche ich für den weiteren privaten und sportlichen Werdegang viel Erfolg und beste Gesundheit.

Kuddel: Zu Saisonbeginn hattest Du 20 Spielerinnen im Kader. Ist erneut mit Neuzugängen zu rechnen?

Schulz: Mit Claudia Pinto kam bereits die erste Spielerin ins Team zurück. Claudia konnte bedingt durch ihre berufliche Tätigkeit nicht am Sommertrainingslager teilnehmen und wechselte deshalb vorerst in die Verbandsligamannschaft. Schneller als erwartet regelten sich die zeitlichen Defizite und Claudia ist wieder eine feste Leistungsträgerin im Team. Trotz der Abgänge waren keine weiteren Zugänge geplant, allerdings hat es sich doch noch anders ergeben. Durch eine regionale Änderung ihrer beruflichen Tätigkeit und den damit verbundenen Umzug, haben wir mit Daniela Schacher eine alte Bekannte als Zugang zu verzeichnen. Der Kader beläuft sich jetzt auf 18 Spielerinnen.

Kuddel: Inzwischen hast Du mit Oguzhan Altunbulak, kurz Ozinho, einen Co-Trainer an Deiner Seite. Wie kam es zu Eurer Zusammenarbeit und wie ist die Aufgabenverteilung?

Schulz: Es ist meine fünfte Saison mit diesem Team im HSV, überwiegend ohne Co-Trainer. Bis zur Verbandsliga lässt sich das noch relativ gut bewältigen. Sportlich und zeitlich ist die Regionalliga aber erheblich anspruchsvoller, schon aufgrund der Auswärtsreisen und ohne Co-Trainer dauerhaft nicht mit Beruf und Familie, auf gutem Niveau, lösbar. Ich kenne „Ozi“ als Trainer aus unserem männlichen Jugendbereich und wir hatten uns schon diverse Male unterhalten. Ozinho ist ein „positiv“ Fußballverrückter, der den Sport einfach lebt und außerdem ist er sehr kompetent, sympathisch und Inhaber der DFB-B-Lizenz. Deshalb habe ich Ozinho angesprochen. Beide Abteilungsleitungen gaben dann noch ihre Zusage. Ozi wird auch weiterhin seinem Jugendteam als Trainer zur Verfügung stehen und mich trotzdem unterstützen und entlasten können. Ich denke Ozinho ist eine optimale Erweiterung im Trainer- und Funktionsteam HSV II, vielleicht ja auch genau die richtige Perspektiventscheidung.

Kuddel: In den letzten Wochen hat sich der Personalaustausch von der Bundesligamannschaft hin zu Deinem Team intensiviert. Nina Brüggemann, Christine Schoknecht, Heike Freese und Maja Schubert bekamen Einsatzzeiten. Auch B-Mädchen wie Alina Witt oder Paulina Bode kamen zum Einsatz. Du selbst hast schon diese ganze Saison Spielerinnen an die Verbandsligamannschaft abgegeben. Wie siehst Du diese Verzahnung?

Schulz: Diese Verzahnung ist nichts Neues im HSV und schon in der Vergangenheit gab es eine gute mannschaftsübergreifende Zusammenarbeit. Analysiert man mal die abgelaufene Saison, so war unsere Regionalligamannschaft mit 37 (!) eingesetzten Spielerinnen das Team, dass die meisten Spielerinnen aller Regionalligateams in Deutschland einsetzte. Es bestätigt unser Konzept der individuellen Förderung. Ein weiterer Aspekt ist es aber auch, den Spielerinnen der ersten Mannschaft, im Regenerationsprozess von Verletzungen, die nötige Spielpraxis zu ermöglichen. Die erste Mannschaft hatte gerade in der Hinrunde erhebliche Ausfälle, bedingt durch Verletzungen, zu beklagen. Diese Spielerinnen bekamen zum Ende der Hinrunde verstärkt Einsätze in der Regionalliga. Ähnlich verhält sich der Austausch zwischen HSV II und Verbandsligateam, welches zusätzlich verstärkt Nachwuchsspielerinnen einsetzt. Bei dieser Verzahnung kann dann auch der mannschaftliche Erfolg leiden, dessen sollte sich jeder Trainer bewusst sein.

Kuddel: Die Saison verlief bisher wechselhaft. Anfangs holperte es etwas, dann gab es etliche gute bis begeisternde Spiele, teils beeindruckende Leistungen. Zuletzt schien mir das Team nicht mehr ganz an die vorherigen Leistungen anknüpfen zu können. Wie siehst Du das und hast Du eine Erklärung dafür?

Schulz: So wechselhaft verlief die Saison meines Erachtens nach gar nicht. Es waren einige Spiele dabei, in denen wir noch in den letzten Minuten Tore erzielen konnten. Mit Sicherheit ein Zeichen der guten physischen Leistung, aber auch ohne Frage etwas glücklich. Bei den beiden letzten Punktspielen in Oythe und gegen Kiel hatten wir dieses Glück dann mal nicht. Besonders die beiden Begegnungen gegen Kiel waren auf Augenhöhe und die jeweiligen Siegerteams hatten an den Tagen eben das Glück auf ihrer Seite. Ein weiterer Punkt ist die Erfahrung und da stehen wir eher hinten dran. Den jüngeren Spielerinnen fehlt teilweise noch die „Schlitzohrigkeit“, gerade diese erlangen die jungen Mädels von Spiel zu Spiel.

Kuddel: Wie durchaus erwartet, ist Bergerdorf ganz oben in der Tabelle. Gibt es Teams, die Dich positiv überrascht haben oder von denen Du eigentlich mehr erwartet hast?

Schulz: Bergedorf hatte ich vor der Saison als Top-Favoriten genannt. Allerdings hätte ich das Team, gerade durch die gewechselten HSV-Spielerinnen, dominanter erwartet. Trotzdem denke ich, bedingt durch die größte individuelle Qualität, dass Bergedorf sein ausgegebenes Ziel, den Aufstieg in die 2.Liga, erreichen wird. Meiner Meinung nach ist aber das spielstärkste und beeindruckendste Team das aus Immenbeck. Hier demonstriert eine junge Mannschaft, frischen und modernen Frauenfußball, der einfach schön anzusehen ist. Eine Bestätigung für die gute Arbeit im Immenbecker-Trainerstab. Zusätzlich könnte Holstein Kiel noch ein entscheidendes Wörtchen oben mitreden, außerdem wird bei den Störchen nach wie vor sehr gute Nachwuchsarbeit geleistet. Die Rückrunde verspricht noch Spannung, da bin ich mir sicher.

Kuddel: Ein kleiner Ausblick. Wo siehst Du Dein Team am Saisonende?

Schulz: Unser erstes Spiel in Havelse ist gleich eine Top-Begegnung und es wird sehr schwer dort Punkte zu gewinnen. Dort werden wir gleich sehen, wie wir qualitativ unsere Abgänge kompensieren können. Ich denke aber trotz der Abgänge, dass es ein realistisches Ziel ist, unter die ersten fünf Plätze zu gelangen. Es wäre die Krönung einer gelungenen Saison.

Kuddel: Zwar bedauern viele, dass der Jugendtreff von Rosemarie Augustin geschlossen wurde. Für Euch bot sich aber die Chance, einen Besprechungsraum und einen „Pflegeraum“ für die Physiotherapeutin der Mannschaft, Deine Frau Anja, einzurichten. Ist das ein weiterer Schritt hin zu einem professionelleren Umfeld, auch wenn der Raum der Regionalliga nicht exklusiv zur Verfügung steht?

Schulz: Die Schließung des Jugendtreffs ist wirklich schade und es stirbt ein Stück Tradition in Norderstedt. Vor jedem Training habe ich dort meinen Kaffee getrunken und mit Rosie und ihren Söhnen über Fussi gefachsimpelt. Geschichten aus Zeiten von Kaltz, Furtok und Co waren immer schön zu hören. Wirklich sehr, sehr schade.
Richtig ist, dass wir durch diese Konsequenz zu Räumlichkeiten für Schulungen und Besprechungen gelangt sind. Zusätzlich haben wir jetzt noch einen abgeteilten Physiobereich, der Anjas Tätigkeit um einiges erleichtert. Für uns als Abteilung ist es natürlich eine Bereicherung und auch dementsprechend eine professionelle Aufwertung. Exklusiv benötigen wir als Regionalligamannschaft diese Räumlichkeiten aber nicht, im Gegenteil. Es fördert doch mannschaftsübergreifend die sozialen Kontakte unter den Spielerinnen und die anderen Teams haben genauso ein Recht auf diese Vorzüge wie wir. Sollte ein Team diese Bereiche ungestört nutzen wollen, so spricht man dies unter den Trainern ab.

Kuddel: Angesicht der Ereignisse im letzten Sommer, als die 2. Bundesliga-Mannschaft Sparzwängen zum Opfer gefallen ist, stellen sich viele beim HSV und auch von den Gegnern (besorgt?) die Frage: Falls es sportlich klappen sollte, ist die 2. Bundesliga realisierbar?

Schulz: Solche Entscheidungen werden ausschließlich vom Verein getroffen und deshalb kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich kann nur soviel dazu sagen, dass ich im Herbst ein sehr nettes Gespräch mit Carl-Edgar Jarchow hatte, indem er mir bestätigte, dass der HSV auch weiterhin ein Interesse am Bestehen des Frauenfußballs im Verein hat.

Kuddel: Peter, danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast.

Schulz: Ich habe Dir zu danken, auch im Namen der Mannschaft, für Deine aufopferungsvolle Arbeit rund um den HSV-Frauenfußball.

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