Was darf auf einer Seite nicht fehlen, an der Sunny beteiligt ist? Ganz klar – die Interviews. Die Winterpause kommt uns daher ganz gelegen. Wir nutzen die Zeit, um Neuzugänge der Frauen-Mannschaften, wie auch die Trainer über die Hinrunde und die Entwicklung ihrer Teams auszufragen.
Beginnen wollen wir mit Peter Schulz, dem Trainer der 3. Mannschaft der HSV-Frauen.
Mit ihm reden wir über die klasse Hinrunde seiner Mannschaft, den wichtigen Unterbau des HSV-Frauenfußballs, sowie unnötige Spielabsagen.
Viel Spaß dabei.
Die Torjäger: Hallo Peter. Zu allererst ein frohes neues Jahr an dich und dein Team. Nach dieser Vorrunde konntest du die Feiertage bestimmt genießen, oder?
Peter Schulz: Hallo Torjäger, auch ich wünsche euch ein frohes und gesundes 2010 und freue mich, dass ihr wieder eine Webseite für den HSV-Frauenfußball ins Leben gerufen habt. Es ist richtig, wir haben eine sehr gute Vorrunde gespielt und stehen aus meiner Sicht völlig unerwartet an der Tabellenspitze. Noch im Frühjahr schieden wir gegen den SC VM im Halbfinale des Oddset-Pokals aus und jetzt haben wir aus 10 Punktspielen neun Siege erreichen können. Also sportlich gesehen, konnte ich die Feiertage wirklich genießen.
Die Torjäger: Die Vorrunde deiner Mannschaft lief eindrucksvoll. Als Aufsteiger in der Verbandsliga steht ihr an der Tabellenspitze. Lediglich der SC Eilbek konnte euch in der Hinrunde besiegen. Wie sieht dein persönliches Fazit für die Hinrunde aus?
Peter Schulz: Wie bereits erwähnt, es hätte kaum besser laufen können. Wenn man bedenkt, dass unser Durchschnittsalter unter 18 liegt (mich mal ausgeschlossen) und wir als Aufsteiger jetzt auf wesentlich stärkere Gegner treffen, die temporeicher und technisch versierter Fußball spielen, als noch in der letzten Saison die Mannschaften in der Landesliga, dann ist die Leistung der Mädels schon eindrucksvoll.
Die Torjäger: Deine Mannschaft wurde in der Sommerpause stark verbessert. Es gab viele Neuzugänge. Auch in der Winterpause gab es mit Anica Lekat und Maike Timmermann zwei hochkarätige Neuzugänge. Was ist deiner Meinung nach der Grund für junge, talentierte Spielerinnen, zu euch zu wechseln?
Peter Schulz: Man darf natürlich nicht verdrängen, dass der HSV für junge, talentierte und ehrgeizige Spielerinnen eine adäquate Adresse ist. Hinzu kommt natürlich der eingetretene Erfolg der dritten Mannschaft. Ein weiterer Grund ist aber auch die Sympathie der Mannschaft. Neue Spielerinnen werden herzlich ins Team aufgenommen und ich denke gerade diese schnelle Integration unserer Neuzugänge ist ein weiterer Grund für den sportlichen Erfolg. Mit Anica Lekat ist jetzt eine Mittelfeldspielerin mit Zweitligaerfahrung zu uns gestoßen, die gerade ihre Ausbildung in Hamburg absolviert. Maike Timmermann ist eine schnelle und effektive Stürmerin, die in dieser Saison bereits 25 Treffer für den TuRa Meldorf erzielen konnte. Vom FFC Oldesloe kam Jasmin Wolf zurück. Sie zählt mit Sicherheit zu den „schnellsten“ Stürmerinnen der Verbandsliga und ist im HSV nach Kathrin Patzke die zweitschnellste Spielerin. Auch Jasmin wird ab Januar spielberechtigt sein.
Die Torjäger: Und wie zufrieden bist du mit deinen Neuzugängen? Gibt es jemanden, die in der Hinrunde besonders hervor gestochen ist?
Peter Schulz: Mit den Neuzugängen bin ich sehr zufrieden. Tanja Thormählen hat sich genauso wie Paula Ziselsberger schnell in die Mannschaft eingelebt und beide zählen schon jetzt zu den Leistungsträgerinnen. Svenja Winter konnte bereits Regionalliga Erfahrung beim TSV Nahe sammeln und hat sich ebenfalls schnell etabliert. Aus dem eigenen Nachwuchs kamen noch Cindy Rak und Lara Wolff. Beide spielen in der dritten Frauenmannschaft eine andere Position als noch in den B-Juniorinnen und konnten sich in der kurzen Zeit schon prima weiter entwickeln. Nicht zu vergessen unsere drei Torhüterinnen Saskia Schippman, Karin Schwing und Yasmine Sennewald. Alle drei sind Auswahltorhüterinnen und Jahrgang 93. Saskia und Yasmine konnten neben den Einsätzen in den B-Juniorinnen schon exzellente Leistungen in der Verbandsliga abrufen, Katrin wird leider erst ab April spielberechtigt sein.
Die Torjäger: Du startest jetzt in dein drittes Jahr beim HSV-Frauenfußball. Damals hast du eine dritte Mannschaft übernommen, die um den Klassenerhalt in der Landesliga gekämpft hat. Du hast es in kürzester Zeit geschafft, eine Mannschaft zu formen, die in die Verbandsliga aufgestiegen ist und nun als aussichtsreicher Kandidat für die Regionalliga gilt. Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Leistung?
Peter Schulz: Dieser Erfolg ist wahrlich keine Einzelleistung! An dem IST-Zustand der dritten Mannschaft haben viele Faktoren eine Rolle gespielt. An erster Stelle ist die wirklich gute Zusammenarbeit unter uns Trainern zu nennen. Diese gute Abteilungsarbeit war nicht immer so im HSV und deshalb gab es auch oft Probleme. Als Trainer im Leistungsbereich, in so einem großen und etablierten Verein, muss man kompromissbereit sein, seine eigenen Interessen nicht in den Vordergrund stellen und im Kollektiv arbeiten können. Ein weiterer, wichtiger Punkt ist der tolle Charakter und die sehr gute Einstellung der Spielerinnen. Sie „wollen“ weiter kommen, für sich selbst und mit dem Team zusammen. Um also die Frage zu beantworten: Ich bin mit „unserer“ Arbeit und Leistung sehr zufrieden.
Die Torjäger: Du wirst innerhalb deines Teams als „Drill Instructor“ bezeichnet. Wie gehst du mit diesem Spitznamen um? Ist der Spitzname verdient?
Peter Schulz: Diesen Namen habe ich im Interview von Sarah Borgwardt das erste Mal gelesen. Er ist mir also fremd ;-). Natürlich ist es im HSV, unter allen Frauenmannschaften bekannt, dass Trainingseinheiten unter meiner Leitung auch mal die konditionelle Würze mit sich tragen. So gibt es z.B. die LÜDT´s (LIEBLINGS ÜBUNGEN DES TRAINERS) und alle Spielerinnen freuen sich darauf… also nicht wirklich. Aber im Ernst, wenn man sich die Spielverläufe der Hinrunde angesehen hat, dann wird deutlich, wie wichtig ein konditioneller Vorsprung sein kann. Trotzdem werden alle anderen Trainingsinhalte nicht vernachlässigt, wir können halt 4x wöchentlich trainieren und das nutzen wir auch aus.
Die Torjäger: Deine erfolgreiche Arbeit spricht sich nicht nur innerhalb Hamburgs rum. Hand aufs Herz: Gab es schon Abwerbungsversuche von höherklassigen Vereinen?
Peter Schulz: Hm! Ich bin jetzt seit 21 Jahren in diesem Geschäft, 17 Jahre im Junioren- und Herrenbereich und seit 4 Jahren im Frauenfußball. Synchron dazu auch im Kampfsport, als Trainer und als Funktionär im Verband. Damit will ich sagen, dass ich nicht „geil“ darauf bin immer weiter nach oben zu kommen, denn da war ich schon, sondern meiner Tätigkeit im HSV aus Überzeugung nachgehe. Trainer, die sich ins Spiel bringen mit „ich könnte“ oder „ich habe ein Angebot von…“, wollen sich doch nur ins Licht bringen. So etwas kommentiert man als tätiger Trainer einfach nicht öffentlich, denn es bringt nur Unruhe im Verein und meistens ist es auch nicht ehrlich. Also, keine direkte Antwort von mir zu dieser Frage.
Die Torjäger: Schielt man als ehrgeiziger Trainer eigentlich auch auf die Trainerposten von HSV II oder HSV I ? Oder versucht man zusammen gut zu arbeiten? Wie bezeichnest du dein Verhältnis mit den anderen Trainern?
Peter Schulz: Zu Frage 1: Ein klares nein! Einen Teil der Antwort habe ich gerade vorher schon gegeben und außerdem darf man nicht vergessen, dass ich hauptberuflich einer anderen Tätigkeit nachgehe und als Trainer in der Bundesliga würde dies nicht funktionieren. Für HSV II kann mir KEINE bessere Besetzung vorstellen als die Jetzige. Außerdem ist dies auch eine Zeitfrage, denn ich werde ab 2010, zusätzlich für den Hamburger Fußball-Verband tätig sein. Zu Frage 2: Ja! Die Zusammenarbeit unter uns Trainern ist mit Sicherheit ein Garant für die positive Entwicklung im HSV-Frauenfußball. Und jetzt zur dritten Frage: Ich bezeichne mein Verhältnis als gut zu den anderen Trainern. Mit Achim tausche ich mich schon auf Grund seiner sportlichen Kompetenz hin und wieder aus, hole mir auch mal Tipps. Zu Claudia habe ich nicht nur ein sportlich gutes, sondern auch ein freundschaftliches Verhältnis. Mit den anderen Trainern gibt es eine gute Kooperation.
Die Torjäger: In der Landesliga gab es oft böse Aufrufe von euren Gegnern, ihr würdet euch mit Spielerinnen der zweiten Mannschaft verstärken und dadurch viel stärker sein, als es der Kader wirklich ist. Wie ist das Verhältnis mit den Mannschaften in der Verbandsliga?
Peter Schulz: Es waren eigentlich gar nicht die bösen Aufrufe der Gegner. Eher die von Außenstehenden, die mit dem eigentlichen Frauenfußball nichts am Hut haben. Es ist doch gang und gäbe, jeder leistungsorientierte Verein fungiert so, im Frauen-, aber auch im Herrenbereich. Als unser erstes Punktspiel in der Verbandsliga gegen den SC VM mit 4:1 gewonnen werden konnte und drei Spielerinnen aus HSV IV eingesetzt wurden, hat niemand etwas gesagt. Oder wenn wir auf Grund der individuellen Förderung, Mädels unserer B-Juniorinnen einsetzen, kräht kein Hahn danach. Spricht man mit den „wirklich“ Beteiligten, bestätigen sie es. So wurden wir z. B. im Spieltagsheft des SC Eilbek sehr nett angekündigt, mit einem Statement zu diesem Thema, das ehrlich auf dem Punkt gebracht wurde. Außerdem muss man mal ganz klar sagen, dass der Leistungsunterschied der eingesetzten Spielerinnen aus Team HSV II zu dem der HSV-III-Spielerinnen, völlig überbewertet wird! Ich denke, wir haben ein gutes Verhältnis mit den Mannschaften aus der Verbandsliga und so soll es ja auch sein!
Die Torjäger: In der aktuellen Saison mussten mehrere Spiele, wegen diverser Gründe, verlegt werden. Euer Spiel gegen Blau-Weiß Ellas wurde sogar bereits 2 Mal verlegt. Und die Spielverlegung gegen Tornesch hatte einen recht faden Beigeschmack. Dazu gab es einen kampflosen Sieg gegen Altona 93. Wie störend sind solche Verlegungen für eine Mannschaft, und was kann jeder Verein selber dafür tun, um solchen Spielverlegungen zu verhindern?
Peter Schulz: Nun, gegen BW Ellas konnten wir nicht spielen, weil viele Spielerinnen des Gegners erkrankt waren. So etwas kann jede Mannschaft treffen und es ist gut, dass man in diesem Fall das Spiel verlegen kann. Die zweite Ansetzung, am 20. Dezember war unmöglich durchführbar, da waren mein Trainerkollege und ich uns einig. Bei Altona 93 gab es keine Möglichkeit mehr das Spiel zu verlegen, weil mich die Nachricht zu spät erreichte. Bei diesen Fällen kann man nichts tun um Spiele durchzuführen, no Chance. Störend sind Spielausfälle immer, für jedes Team, aber wenn man oben mitschwimmen will, muss man so was kompensieren. Zu dem Spielausfall in Tornesch sei gesagt, so viel Gleichgültigkeit vom Gegner habe ich noch nie erlebt. Eine unglaubliche Frechheit, mit derartigen Aktionen macht sich dieser Verein keine Freunde. Wir werden uns zu bedanken wissen, egal wann und wo das Spiel stattfindet…
Die Torjäger: Es ist die erste Saison, in der ihr nicht mehr am Oddset-Pokal teilnehmen dürft. Wie kommt ihr mit der Entscheidung zurecht, nicht mehr daran teilnehmen zu dürfen?
Peter Schulz: Die Spielerinnen würden gerne am Pokal teilnehmen, ohne Frage. Ich sehe das anders. Wir haben schon sehr viele Termine, Spielausfälle kommen hinzu. Ohne Pokalwettbewerb haben wir mehr Zeit und andere Möglichkeiten diese zu nutzen. Unsere Konzentration richtet sich primär auf die Verbandsliga und die individuelle Förderung unserer jungen Talente und wie ich es bereits vorher schon erwähnte, gilt dieses unserem Augenmerk. Die Pokalrunde ist nett, aber sie ist keine Pflichtveranstaltung. Und dass in dieser Runde hier und da wegen Wettbewerbsverzerrung gemeckert wird, obwohl wir nicht dabei sind, lässt mich schmunzeln.
Die Torjäger: Zurück zum HSV. Dein Team steht als Sinnbild für den Neuaufbau im Amateurbereich des HSV-Frauenfußballs. In den letzten Jahren wurde der Frauen- und Mädchenbereich komplett umgebaut. In der aktuellen Saison wurde eine neue vierte Mannschaft aufgebaut, die in der Kreisliga die Tabellenspitze ohne Punktverlust anführt und auf dem besten Weg ist, einen Durchmarsch zu starten. Auch der Jugendbereich ist auf einem exzellentem Weg: Viele Mannschaften stehen in ihrer Liga auf einem sehr guten Platz und bringen immer wieder hoffnungsvolle Talente hervor, die in Auswahlmannschaften des HFV und DFB stehen. Ist das nur eine schöne Momentaufnahme oder könnte es der HSV schaffen, zu einem Spitzenverein im Mädchen- und Frauenfußball hervor zu stoßen?
Peter Schulz: Es ist definitiv keine Momentaufnahme. Wir arbeiten daran, einen souveränen Unterbau für unsere Frauenmannschaften zu schaffen. Durch die verstärkte, individuelle Förderung unserer Jugendspielerinnen, können auch die mannschaftlichen Erfolge im Jugend- und Frauenbereich erzielt werden. Wir sind aber noch mitten im Aufbau. Ich bin mir ganz sicher, dass wir in den nächsten Jahren, durch konsequente und stabile Aufbauarbeit, eine führende Rolle im Frauenfußball in Deutschland einnehmen können.
Torjäger: Und welche Spielerin aus deinem Team sehen wir als nächstes in der ersten oder zweiten Mannschaft des HSV?
Peter Schulz: Öffentliche Äußerungen könnten hier kontraproduktiv sein. Wenn man aber im HSV tätig ist, weiß man, dass es ein „öffentliches Interesse“ an Informationen gibt ;-). Lara Wolff ist als 93-igerin auf einem sehr guten Weg. Sie nimmt sich jetzt der Position als „Spielmacherin“ an und hat in kürzester Zeit eine grandiose Entwicklung genommen. Bei Maike Timmermann ist es noch etwas früh ein Statement abzugeben, allerdings bringt sie beste Voraussetzungen mit und könnte eine Option für HSV II werden. Die drei Torfrauen könnten ebenso nach ganz oben gelangen…
Die Torjäger: Nun beginnen bald die Vorbereitungen für die Rückrunde. Wie sieht euer Winterfahrplan aus?
Peter Schulz: Der ist durch die Spielausfälle und die dadurch resultierenden Nachholspiele noch ungenau. Fakt ist, dass wir am 12. Januar mit dem Training beginnen werden und am 13. Januar unser erstes Vorbereitungsspiel gegen die Polizeiauswahl Hamburg haben werden. Dieses Team bereitet sich auf die Deutsche Meisterschaft vor und konnte bereits im Sommer gegen den Niendorfer TSV als Sieger vom Platz gehen. Ende Januar treten wir bei einem Hallenturnier in Hannover an und ich denke, wir werden auch gegen unsere B-Juniorinnen und HSV II testen. Im Januar könnte noch ein Testspiel gegen Neuenbrook/Rethwisch angesetzt werden. Hier müssen wir uns noch auf einen Termin einigen. Sollte am 14. Februar kein Nachholspiel angesetzt werden, ist es möglich, dass wir gegen den Ratzeburger SV spielen.
Die Torjäger: Und was nehmt ihr euch für die Rückrunde vor?
Peter Schulz: Vor Saisonstart war das Ziel Platz 5-8. Das ist nach dem jetzigen Stand lächerlich und nimmt uns keiner mehr ab. Platz 1-3 sollte nun unser Ziel sein, die Voraussetzungen sind geschaffen. Mit unseren Neuzugängen bin ich sehr zuversichtlich. Mit Maike und Jasmin haben wir zwei sehr schnelle, aber auch sehr gefährliche Stürmerinnen bekommen, Anica bringt viel Erfahrung mit und erweitert unsere Alternativen im Mittelfeld. Ich bin da sehr zuversichtlich, denn ich weiß nicht nur von der sportlichen Qualität der Ladies, nein, ich weiß auch dass ALLE heiß auf die Rückrunde sind und dass macht mich zuversichtlich.
Die Torjäger: Wir danken dir für das Interview und wünschen dir und deiner Mannschaft viel Erfolg in der Rückrunde.
Peter Schulz: Ich habe zu danken und wünsche den Torjägern viel Spaß und Erfolg für 2010…