Ein Sechserpack für den Krisenclub

Denise Lehmanns Kopfball leitet das 5:0 ein

Denise Lehmanns Kopfball leitet das 5:0 ein

Am Sonntag war die SG Wattenscheid 09 zu Gast an der Hagenbeckstraße. Zum letzten Mal. Denn das Team von Trainer Jörg Amthor kam nicht nur als Vorletzter nach Hamburg. In der kommenden Saison wechselt das Spielrecht aller Teams zum Lokalrivalen VfL Bochum, der auch die Frauen vom TuS Harpen aufnimmt.

Jobina Lahr setzt sich gegen Nadja Deyke durch und bereitet das frühe 1:0 durch Kathrin Patzke vor

Jobina Lahr setzt sich gegen Nadja Deyke durch und bereitet das frühe 1:0 durch Kathrin Patzke vor

Zusätzlich zur Unsicherheit über die Zukunft kam auch noch eine personelle Misere. Gerade 12 Spielerinnen konnte Jörg Amthor aufbieten, die einzige etatmäßige Torhüterin – aus der zweiten Mannschaft – saß wegen einer Hüftverletzung als Feldspielerin auf der Bank, und im Kasten stand Mittelfeldspielerin Janine Angrick. Dazu kamen zwei Spielerinnen aus der zweiten Mannschaft und eine B-Juniorin. Keine gute Voraussetzung für das Spiel gegen den HSV und dessen angehende Torschützenkönigin Kathrin Patzke.

Katrin Schröder vor Jobina Lahr

Katrin Schröder vor Jobina Lahr

Und die schlug schon nach 120 Sekunden zu. Fata Salkunic spielte einen Flügelwechsel von rechts diagonal auf Jobina Lahr. Im Laufduell mit Nadja Deyke musste sie zunächst an der Torauslinie abdrehen, flankte aber aus der Drehung sofort kniehoch in den Fünfmeterraum, wo Patzke nur noch den linken Fuß hinhalten musste, um zum 1:0 zu verwandeln. So hatten sich die Gäste das nicht vorgestellt. In der Folge war der HSV gegen harmlose Bochumerinnen spielbestimmend. Oft wurde Patzke gesucht. Aber Wattenscheid verstand es nun besser, die Räume eng zu machen und auf holprigem Rasen den Vorwärtsdrang der Rothosen zu stören.

Jennifer Weber schnappt sich den Ball vor Lisa Josten

Jennifer Weber schnappt sich den Ball vor Lisa Josten

In der 18. Minute leitete Innenverteidigerin Heike Freese, die gerade ihren Vertrag verlängert hat, mit einem kraftvollen Antritt aus der eigenen Hälfte einen Konter ein. Dann passte sie rechts auf Patzke, die sich dort gegen Wiebke Neuhaus durchsetzte und es dann aus spitzem Winkel versuchte. Angrick war dran, und der Ball rollte am Tor vorbei. Die Offensivbemühungen der SG waren überschaubar. Kapitänin Silke van den Berg passte aus der eigenen Hälfte steil hinter die Abwehr auf Lisa Josten. Aber Jennifer Weber war nach kurzem Zögern aus ihrem Kasten geeilt und warf sich vor ihr auf den Ball (26.).

Janine Angrick rutscht der Kopfball von Henrike Meiforth zum 2:0 durch

Janine Angrick rutscht der Kopfball von Henrike Meiforth zum 2:0 durch

Die Rothosen hatten trotz einem Übergewicht an Ballbesitz viel Mühe, klare Chancen herauszuspielen. Aber sie waren effektiver. Wenn auch mit Hilfe des Gegners. Einen Eckball von Angelina Lübcke köpfte Henrike Meiforth als Aufsetzer. Angrick griff daneben, und es hieß 2:0 (35.). Die Antwort der SG war ein Schuss von Neuhaus nach einem groben Fehler von Vera Homp. Aber diesen Versuch aus 23 Metern konnte Weber sicher fangen. Auf der Gegenseite spielte Henrike Meiforth von rechts an den Strafraum. Borkowski steckte mit der Fußspitze durch, Lahr nahm das Leder im Strafraum mit und schob links unten zum 3:0 ein (38.). Das war auch der Halbzeitstand. Die klare Führung des HSV war nach dem Spielverlauf verdient, auch wenn sich die Überlegenheit nicht in der Zahl der Torchancen widerspiegelte. Sie kontrollierten die Partie gegen tief stehende Gäste, die sich bei ihren Offensivaktionen selten durchsetzen konnten.

Kopfballduell zwischen Jennifer Wagner und Daniela Schacher

Kopfballduell zwischen Jennifer Wagner und Daniela Schacher

Auch der zweite Durchgang zeigte das gewohnte Bild: Viel Ballbesitz für den HSV, aber um den Strafraum herum hatten sie Schwierigkeiten, sich klare Abschlusspositionen zu erarbeiten. Mit einem diagonalen Pass hinter die Abwehr brachte Freese Meiforth in Stellung. Die verpatzte die Ballannahme, konnte das Leder aber verteidigen und sich bis zur Grundlinie durchsetzen. Bei ihrer Hereingabe kamen in der Mitte jedoch gleich drei Hamburgerinnen zu spät (51.). Drei Minuten später ging ein Schlenzer von Salkunic knapp drüber. Dann aber übernahm Patzke das Spielgerät am linken Strafraumeck von Salkunic, lief aus der Halbposition auf Torhüterin Angrick zu und schob zum 4:0 ins lange Eck ein (55.). In der 57. Minute brachte Lübcke einen Eckball von rechts herein. In der Mitte kam Denise Lehmann unbedrängt zum Kopfball. Angrick konnte zwar abwehren, den Abpraller schob Meiforth aber aus fünf Metern zum 5:0 ein. Im Gegenzug hatte die SG 09 ihre beste Chance. Bei einem springenden Ball verschätzte sich Lehmann, und hinter ihr marschierte Josten auf und davon. Ihr und der mitgelaufenen Katharina Rogalla stellte sich nur noch Homp in den Weg. Mit einem Querpass war auch die ausgespielt, doch Rogalla schoss freistehend aus 17 Metern knapp über die Latte (58.).

Weber streckt sich vergeblich, aber Rogallas Schuss streicht über das Tor

Weber streckt sich vergeblich, aber Rogallas Schuss streicht über das Tor

Im Anschluss an diese Szene wechselte HSV-Trainerin Claudia von Lanken aus: Für Lehmann kam nun Carina Wolfgramm ins Spiel. Sie übernahm die rechte Mittelfeldseite, Meiforth ging zurück in die Innenverteidigung. Wattenscheid beendete ein kleines Wechselspiel, und van den Berg, die mit der defensiven Mittelfeldspielerin Laura Kill die Position getauscht hatte, ging wieder in die Innenverteidigung. Das Spiel beruhigte sich etwas. Der HSV nahm Schwung raus, ohne an Überlegenheit einzubüßen, leistete sich jetzt aber einige Flüchtigkeitsfehler und ließ die Genauigkeit und Kreativität im letzten Pass vor dem Torschuss vermissen. Dennoch kam Wattenscheid, das zunehmend müder wirkte, kaum aus der eigenen Hälfte und betrieb Schadensbegrenzung. So war ein Schuss von Borkowski aus 18 Metern, der das Tor verfehlte, für fast eine Viertelstunde die letzte Torszene (61.). Auch die Einwechslung von Kathrin Miotke für Fata Salkunic, die eine ordentliche Leistung ablieferte, änderte daran wenig. So kam es in der 73. Minuten zu einem Verzweiflungsschuss von Freese aus 40 Metern, der klar rechts vorbei ging. Beide zogen ihre letzten Joker: Beim HSV kam Mayline Danner in der Innenverteidigung für Henrike Meiforth (78.), bei der SG Wattenscheid 09 ersetzte Stefanie Kellotat im Feld ihre Teamkollegin Katharina Rogalla (80.).

Angrick vereitelt Patzkes Chance auf einen dritten Treffer

Angrick vereitelt Patzkes Chance auf einen dritten Treffer

In der Schlussphase legten die Rautenkickerinnen noch einmal einen Tick zu. Lahr passte links kurz zu Borkowski, die in den Strafraum ging und ihren Schuss knapp über die Latte setzte. Dann verfehlte Kill einen langen Abschlag von Weber, dahinter kam Patzke frei zum Schuss, aber Angrick hielt den Ball fest (85.). Auch die letzte Chance hatten die Hanseatinnen. Nach Doppelpass mit Patzke ging Wolfgramm rechts in den Strafraum, legte von der Grundlinie quer, und vom Elfmeterpunkt schob Lahr locker zum 6:0 ein.

In der Schlussphase sahen auch Christian Lenz (Leiter HSV Frauenfußball) und Achim Feifel (Trainer 1. Mannschaft) zu

In der Schlussphase sahen auch Christian Lenz (Leiter HSV Frauenfußball) und Achim Feifel (Trainer 1. Mannschaft) zu

Es war der Schlusspunkt einer klaren Angelegenheit. Wattenscheid 09 verkaufte sich so gut, wie es die Situation zuließ. Sie kämpften 90 Minuten gegen ein Debakel an und machten den Hamburgerinnen das Leben schwer. Dass der Sieg nie in Gefahr geriet, war auch zu erwarten gewesen. Zu gravierend wirkten sich die derzeit herrschenden Faktoren auf die Gäste aus, die fatal an das Schicksal des Frauenfußball im FSV Frankfurt erinnerten. Und so stand nach dem Schlusspfiff einer fairen Partie der Abstieg der SG fest: Auf Nichtabstiegsplatz acht betrug der Rückstand elf Punkte, auf den Relegationsplatz neun Zähler und zwanzig Tore Differenz bei noch ausstehenden drei Spielen. Bitter für ein Team, dessen Vorgänger noch zwei Jahre zuvor in der 1. Bundesliga spielte und nach sechs Jahren wieder in die Regionalliga West absteigt. Der HSV hingegen gab sich ergebnismäßig keine Blöße und half Kathrin Patzke auch beim Ausbau ihrer Bilanz im Kampf um die Torjägerkrone. Daran zweifelt die Stürmerin selbst, auch wenn sie von dieser Ehre träumt. Mitentscheidend wird das kommende Wochenende sein, wenn die HSV-Truppe beim Herforder SV gastiert, wo alle Kandidaten für den Torjägertitel auflaufen werden. Eines steht aber fest, und daran wird der Ausgang dieses Rennens nichts ändern: „Wichtel“ spielt eine geile Saison.


Statistik:

Hamburger SV II.: Jennifer Weber – Daniela Schacher, Heike Freese, Denise Lehmann (58. Carina Wolfgramm), Vera Homp – Jobina Lahr, Johanna Borkowski, Angelina Lübcke, Henrike Meiforth (78. Mayline Danner) – Fata Salkunic (61. Kathrin Miotke), Kathrin Patzke

SG Wattenscheid 09: Janine Angrick – Deborah Diekmann, Wiebke Neuhaus, Silke van den Berg, Nadja Deyke – Katharina Rogalla (80. Stefanie Kellotat), Julia Zumdick, Laura Kill, Katrin Schröder – Jennifer Wagner, Lisa Josten

Schiedsrichterin: Katja Mattig (Müllrose) mit Nadine Städter (Guben) und Ricarda Lotz (Spremberg)

Zuschauer: 45

Tore: 1:0 Patzke (2.), 2:0 Meiforth (35.), 3:0 Lahr (38.), 4:0 Patzke (55.), 5:0 Meiforth (57.), 6:0 Lahr (86.)

Gelbe Karten: keine

Kommentar:
extrem-fan, Eingereicht am 23.04.2010 um 17:47:
Klarer Sieg, und, wie ich finde, mit einer wieder klasse spielenden Jobina Lahr!!! Gut am Ball, gutes Auge, Vorlagengeberin, Torschützin, ein Fall für die 1. Mannschaft im nächsten Jahr! Ich hoffe, sie bleibt uns erhalten!

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