„Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch“ – ein gängiges Sprichwort, um kursierenden Schlendrian zu beschreiben, wenn der Chef mal nicht da ist. Auch beim HSV III. war der „Chef“, Trainer Peter Schulz, im Urlaub. Vertreten wurde er durch Zweitligatrainerin Claudia von Lanken. Wie würde das Team das letzte Spiel vor der Aufstiegsrunde bestreiten?
Zunächst einmal musste Claudia von Lanken auf einige Spielerinnen verzichten. Neben den verletzten Katharina Stuth und Anica Lekat fehlten an diesem Tag auch Torjägerin Maike Timmermann, Melanie Nilsson, Kathrin Miotke und Cindy Rak. Cathérine Knobloch nahm nach zuletzt schwacher Leistung beim Auswärtsspiel in Niendorf neben Sarah Borgwardt auf der Auswechselbank Platz. Vom Gegner FC Union Tornesch, der ohne die frühere Hamburgerin Johanna Stutzke auskommen musste und bei einer Niederlage noch in Abstiegsgefahr gelangen konnte, gab es dennoch die obligatorischen guten Wünsche für die Aufstiegsrunde – man könnte auch sagen: Die Hoffnung, den HSV III. aus der Verbandsliga los zu werden -, verbunden mit einer Flasche Sekt und etwas Schokolade. Eine nette Geste.
Nettigkeiten wollte der HSV jedoch nicht zurückgeben, zumindest nicht sportlich. Nadine Odzakovic schickte Rabea Garbers noch in den ersten 60 Sekunden des Spiels auf den rechten Flügel. Die gewann dort das Duell mit Alina Stein, flankte butterweich in die Mitte genau auf den Kopf von Jasmin Wolf, aber die schädelte aus vier Metern über das Tor! Die Rothosen hatten zunächst die Lufthoheit. Nach Eckball von Odzakovic auf den Elfmeterpunkt kam die aufgerückte Innenverteidigerin Svenja Winter zum schulmäßigen Kopfball, aber auch der ging knapp links drüber (6.). Eine Minute später wurde es nicht besser. Tanja Thormählen spielte links Doppelpass mit Lara Wolff und flankte, und Wolfs Sturmpartnerin Paula Ziselsberger köpfte in Rücklage links vorbei. Auf der Gegenseite hatte plötzlich Tornesch die große Chance zur Führung. Jule Bade spielte einen Steilpass hinter die aufgerückte HSV-Abwehr in den Lauf von Mirjam Rutz. Schlussfrau Yasmine Sennewald verließ ihren Kasten, konnte aber nicht selbst klären, sondern hatte Glück, dass der Pressschlag mit Rutz neben dem Tor landete (9.).
Nachdem es bis dato mit dem Kopf nicht so recht klappen wollte, versuchte es Sarah Begunk mal mit dem Fuß. Sie fing einen Abstoß von Sarah Büscher ab, ging an Juliane Adler vorbei auf den Strafraum zu und schloss trocken mit links ab, ehe Büscher eingreifen konnte. Der Flachschuss rauschte unten rechts ins Eck – 1:0 (11.). In der 18. Minute hätten ihre Teamkolleginnen erhöhen können, wenn nicht müssen. Nach einer Begunk-Ecke konnte Odzakovic den Ball im Strafraum nicht kontrollieren, und der Abpraller sprang zu Pajtesa Kameraj. Deren Schuss aus 14 Metern ging drüber. Sarah Büschers Abstoß landete sofort wieder in den HSV-Füßen, Wolf wurde freigespielt und kam aus 14 Metern halblinks zum Schuss. Den Schlenzer setzte sie aber über das Tor.
Der HSV war klar überlegen, hatte deutlich mehr Spielanteile und ein Chancenplus. Entscheidende Zweikämpfe gewannen sie vor dem Strafraum, so dass Tornesch auch mit Kontern kaum Gefahr ausstrahlte. Zudem sorgte stürmischer Wind für einen seltsamen Ballflug. Wenige Minuten, nachdem Odzakovic eine Ablage von Wolf aus 26 Metern volley über das Tor gesetzt hatte, half eine Bö dem Platzherrn. Bei einem Eckball von Odzakovic verschätzte sich Unions Torfrau Jennifer Butterfield und erreichte das Leder nicht. Wolf war zu überrascht, um das zu nutzen, aber der Ball sprang zu Wolff. Die steckte nochmal kurz nach vorn, und nach engem Dribbling traf Garbers aus der Drehung aus acht Metern zum 2:0 (27.).
Der Meister blieb weiter am Drücker. Thormählen setzte sich bis zur Grundlinie durch und passte an den Fünfmeterraum zurück, wo Ziselsberger vorbei schoss (31.). Dann setzte Begunk einen Freistoß aus 30 Metern über die Latte (38.). Nachdem der Ball wieder im Spiel war, passte Garbers in die Gasse, und Butterfield pflückte Wolfs direkten Abschluss aus der Luft. In den letzten fünf Minuten verzog Begunk aus 22 Metern, Kameraj scheiterte per Flachschuss aus 23 Metern an Butterfield, die zur Ecke abwehrte (43.), und schließlich rettete Schröter mit einem Beinahe-Eigentor nach einer Begunk-Flanke von links zur Ecke (45.).
Der HSV spielte in den ersten 45 Minuten gut, wenn auch optisch nicht so ansprechend wie noch in Niendorf. Dennoch hätte die Führung klarer ausfallen müssen. Zu viele Chancen wurden leicht vergeben, ob wegen fehlender Konzentration, zu großer Lässigkeit oder mit dem Willen zur Schonung für die Aufstiegsrunde im Hinterkopf? Eine Verletzung wollte jedenfalls keine mehr riskieren. Union Tornesch stand oft zu elft in der eigenen Hälfte, wollte den Schaden gering halten und machte nur wenig Anstalten, sich einer drohenden Niederlage entgegenzustellen und einen eventuellen Abstieg als Zehnter aus eigener Kraft zu vermeiden.
Auch im zweiten Durchgang war der HSV die spielbestimmende Mannschaft. Thormählen zog in der 47. Minute solo durch die Tornescher Hälfte und kam im Strafraum zum Abschluss, aber Butterfield hielt sicher. Zwei Minuten später passte Odzakovic traumhaft in die Gasse auf Wolf, die aus 12 Metern frei abziehen konnte – genau auf Butterfield, die im Nachfassen den Ball aufnehmen konnte (49.). Dann dribbelte Begunk halblinks in den Sechzehner und lupfte vor Butterfield quer, fand jedoch keine Abnehmerin. Die Union-Torhüterin trieb die Rautenkickerinnen fast zur Verzweiflung. Odzakovic fasste sich nach 51 Minuten aus 22 Metern ein Herz und zog aufs lange Eck ab. Die Schlussfrau machte sich lang und lenkte den Ball mit einer Hand entscheidend ab. Es folgte ein Doppelwechsel beim HSV. Cathérine Knobloch ersetzte Tanja Thormählen, und für Jasmin Wolf kam Sarah Borgwardt. Deren Sturmkollegin Ziselsberger wurde fünf Meter vor dem Tor von Kameraj angespielt, die über rechts geschickt worden war, aber die aus Schechen gekommene Offensivspielerin scheiterte ebenfalls an Butterfield.
Nun wechselte auch Tornesch aus. Christine Schommer ersetzte Mirjam Rutz. Und so langsam war beim HSV sichtbar die Luft raus. Über zehn Minuten passierte nichts. Die Rothosen waren zwar weiter überlegen, aber es fehlte der letzte Wille. Butterfield entschärfte einen Distanzschuss von Ziselsberger sicher. Den besten Schuss der zweiten Hälfte gab noch Knobloch ab: Aufgerückt aus der eigenen Hälfte donnerte das Leder, aus 23 Metern halblinks abgefeuert, ans Lattenkreuz. Mal wieder – Nummer 48. Danach musste bei Tornesch dann Michelle Koppers verletzt raus, und es kam Kristina Rossow. Eine Viertelstunde vor Schluss spielte Odzakovic mit Borgwardt Doppelpass, marschierte an Adler vorbei in den Strafraum und schoss aus 11 Metern aufs kurze Eck. Ein sicheres Tor? Nein! Wieder war Butterfield da und wehrte mit einer Klasseparade ab. So langsam glich die Partie einem Auslaufen mit Ball. Bei Tornesch wurde noch einmal Sonja Denker für Claudia Langmaack eingewechselt, und sechs Minuten vor dem Ende schoss Ziselsberger aus zehn Metern genau auf Butterfield. Das war’s dann auch.
Die zweite Halbzeit war vor allem in den letzten 30 Minuten schwach geführt. Tornesch fehlten die Mittel, um die (Willens-)Schwäche des HSV zu nutzen, bei dem nach den vielen vergebenen Chancen einschließlich des Lattentreffers die Luft raus war. Ihnen fehlte ohne das kongeniale Duo Wolf/Timmermann die Durchschlagskraft, dazu wuchs die Union-Keeperin über sich hinaus. Und das Spiel des Aufstiegsaspiranten war über weite Strecken zu umständlich. Trotz der Niederlage feierte Union Tornesch ausgelassen den definitiven Klassenerhalt, nachdem das 7:0 des Moorburger TSV gegen den Tabellenrivalen SC Vier- und Marschlande bekannt wurde.
Statistik:
Hamburger SV III.: Yasmine Sennewald – Tanja Thormählen (55. Cathérine Knobloch), Svenja Winter, Annika Rode, Pajtesa Kameraj – Lara Wolff, Sarah Begunk, Nadine Odzakovic, Rabea Garbers – Jasmin Wolf (55. Sarah Borgwardt), Paula Ziselsberger
FC Union Tornesch: Jennifer Butterfield – Sarah Büscher – Alina Stein, Michelle Koppers (70. Kristina Rossow), Jule Bade – Claudia Langmaack (82. Sonja Denker), Meike Bollin, Hanna Kier – Hanni Schröter, Juliane Adler – Mirjam Rutz (57. Christine Schommer)
Schiedsrichter: Benjamin Stello mit Fabio und Finn Nicolai Pump (alle SC Egenbüttel)
Tore: 1:0 Begunk (11.), 2:0 Garbers (27.)
Gelbe Karten: keine