18 Spiele, 14 Siege, 4 Unentschieden, 45:16 Tore – das war die Bilanz der zweiten Mannschaft vor der Partie gegen Victoria Gersten. Als einziges Team in den Frauen-Bundesligen waren sie noch ungeschlagen. Daran sollte sich nach Ansicht der Hanseatinnen auch an diesem Tag nichts ändern. Zumindest personell waren sie so gut aufgestellt wie lange nicht mehr: Fünf Ersatzspielerinnen saßen auf der Bank, und nicht einmal die reaktivierte Miriam Scheib musste mehr aushelfen, sondern konnte sich ganz auf ihren Job als Co-Trainerin konzentrieren. Ein Grund dafür: Nach dem Ende der Erstligasaison waren einige Akteurinnen aus dem Feifel-Kader nicht festgespielt, so unter anderem Imke Wübbenhorst und Angelina Lübcke. Letztere stand auch in der Anfangsformation.
Gegen den in der Vergangenheit oft unangenehmen Gegner aus dem Emsland legten die Hamburgerinnen nach einer Schweigeminute für die Opfer der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe von Japan gleich richtig los. Nach nicht mal sechzig Sekunden hob Lübcke einen Querpass hoch halbrechts in den Strafraum, Kathrin Patzke war gestartet und frei vor SV-Torhüterin Vera Oude-Wesselink, schoss sie aber aus fünf Metern an. Ihren Nachschuss kratzte eine Abwehrspielerin von der Linie. Zwei Minuten später klärte Nadine Moelter eine Gerstener Flanke unzureichend zur Mitte, Jana Kieras kam mit links zu einem strammen Abschluss aus 24 Metern, jagte das Leder aber links drüber.
Dann war wieder der HSV dran. Nina Brüggemanns Einwurf kam zu Patzke, die sich drehte und sofort volley vom linken Strafraumeck auf den langen Pfosten zielte. Der Ball kam auf dem Tornetz herunter (7.). Erneut sorgte ein schlecht geklärter Ball vor dem HSV-Tor für so etwas wie Gefahr. Inga Kappels Eckball wurde zu kurz abgewehrt, Kerstin Jäger nahm das Leder an und schoss mit links knapp über die Latte (11.).
Spielerisch hatte der HSV Vorteile, versuchte immer wieder, Patzke mit flachen Pässen in die Spitze in Szene zu setzen oder deren Kollegin Maike Timmermann hoch anzuspielen. Gersten hingegen konnte sich in der HSV-Hälfte kaum durchsetzen. Sturmjuwel Vanessa Rohling oder Sarah Sieksmeyer, die zeitweise mit ihr die Position tauschte, hatte die HSV-Abwehr gut im Griff, aber auch Martina Fennen auf Linksaußen wurde von Moelter wirkungsvoll bekämpft. Auf dem anderen Flügel hatte Nina Brüggemann mit der schnellen Inga Kappel etwas mehr zu tun, machte aber auch hier weitgehend dicht. So verschob sich das Geschehen nach zwanzig Minuten deutlicher in die Gerstener Hälfte. Die rechte Mittelfeldspielerin der Hanseatinnen, Vera Homp, sorgte nach einer Standardsituation für Entlastung. Timmermann erlief das Spielgerät in der eigenen Hälfte und marschierte los. Als sie gestellt wurde, passte sie kurz auf halbrechts genau dorthin, wo Patzke lautstark ein Anspiel in den Lauf forderte und auch bekam. Die Führende der Torjägerliste lief halbrechts in den Strafraum, schob den Ball aus spitzem Winkel aufs Tor und fand ihre Meisterin erneut in Oude-Wesselink. Deren Abwehr fiel Lübcke vor die Füße, doch die konnte diese Möglichkeit nicht nutzen: Ein Abwehrbein verhinderte das 1:0 aus dem Hintergrund.
Die Begegnung verflachte etwas, war aber weiter dominiert von Zweikämpfen, wie eigentlich jedes Spiel gegen Victoria. Nach einer Ecke von Lübcke verpasste Brüggemann per Kopf in der 26. Minute. Sechzig Sekunden später gab Anika Höß den Ball links lang auf Patzke, die sich im Sprint gegen die Grätsche von Sina Tepe durchsetzen konnte und zur Grundlinie zog. Dort nahm sie die Augen hoch, sah am Fünfmeterraum Timmermann mitlaufen, bediente sie zwischen zwei Abwehrspielerinnen hindurch, und für die Stürmerin, die vor einem Jahr noch in der Hamburger Verbandsliga auflief, war der dritte Saisontreffer nur noch eine Fingerübung (27.). Das 1:0 war auch verdient. Die Rothosen wollten gleich nachlegen. Lübcke spielte Timmermann an, die den Ball mit dem Kopf auf Patzke weiterleitete. Die nahm ihn vor dem Strafraum an, zog hinein und probierte es aus zwölf Metern mit einem Heber, der allerdings über die Latte flog (28.).
Der HSV bestimmte nun eindeutig das Spiel. Homp nahm ihrer Gegenspielerin rechts am Strafraum den Ball ab und flankte von rechts. Die Eingabe war zwar zu weit, aber Tepe ließ Höß die Chance, sich das Runde wiederzuholen. Die linke Mittelfeldspielerin suchte sich eine Ecke aus und zog ab, aber Oude-Wesselink wehrte ab. Timmermann kam zum Nachschuss, jagte ihn jedoch aus sechs Metern drüber (35.).
Ein 2:0 wäre längst verdient gewesen. Pech hatte dann Homp, als Patzke sie mit einem Diagonalpass im Strafraum freispielte. Doch die Tochter des Ex-Bundesligaprofis trat auf den Ball und landete auf dem Hosenboden – Chance vorbei (39.). So ging es mit dem 1:0 in die Kabinen. Das ging in Ordnung, der HSV war die Mannschaft mit den klareren und gefährlicheren Aktionen. Die Gerstener Offensive hatten sie im Griff, gestatteten den Gästen keine hochprozentigen Tormöglichkeiten. Nach vorn harmonierte das neue Sturmduo gut, unterstützt von einem Mittelfeld, das um passende Zuspiele bemüht war. Nur die Torausbeute war ausbaufähig.
Zu Beginn des zweiten Durchgangs erwischte der HSV wieder einen Blitzstart. Homp gab den Ball von rechts herein, Patzke versuchte es direkt aus der Drehung, aber Oude-Wesselink flog rechtzeitig ins bedrohte Eck (46.). Aber wie in der ersten Hälfte hielt Gersten zunächst dagegen und kam nach 49 Minuten zur besten Chance im gesamten Spiel: Sieksmeyer gab den Ball bei einem Konter von vor dem Strafraum hoch weiter. Inga Kappel war schneller als Brüggemann und frei vor Weber. Ihren Dropkick konnte die HSV-Keeperin, die erstmals gefordert war, über das Tor klatschen.
Doch statt 1:1 stand es sechzig Sekunden später 2:0. Höß flankte hoch vor den Strafraum. Lübcke sprang unter dem Ball hindurch. Dahinter war Homp vor einer Gerstenerin am Leder und spitzelte es hoch nach vorn in den Strafraum. Timmermann kam hinter einer Abwehrspielerin ran und schoss artistisch aus Hüfthöhe volley links ins Netz (50.).
Direkt im Anschluss nahm Victoria Gersten einen Wechsel vor, der sich zur Pause schon angedeutet hatte: Antje Heitmann ersetzte Martina Fennen und übernahm die rechte Seite. Inga Kappel wechselte nach links. Aber der HSV hatte nun eindeutig die Hosen an. Brüggemann spielte in der 54. Minute hoch nah vorn, Timmermann verlängerte per Kopf in den Lauf von Patzke, die im Duell an Sarah Meiners vorbei dribbelte, aber dann nicht direkt den Abschluss suchte. Oude-Wesselink warf sich ihr entgegen und sicherte sich das Leder, ehe Patzke in sie hineinrutschte.
Nach 62 Minuten wechselte Gersten erneut, ersetzte Jana Kieras durch Nina Lögering. Torchancen waren Mangelware, die Partie inzwischen sehr zerfahren. Beiden fehlte etwas die Ruhe und Ordnung, statt dessen wurde der Ball oft blind weggeschlagen. Eine der besseren Szenen war eine Möglichkeit von Höß in der 68. Minute. Meiforth erarbeitete sich Ballbesitz in der Gästehälfte und spielte steil auf Höß. Die kam mit links zum Schuss, der aber wurde abgefälscht, flog über Oude-Wesselink hinweg und landete auf dem Tornetz.
Pech hatte auch Brüggemann. Nach einem Eckball von Lübcke warf sie sich ins Getümmel zum Kopfball auf das rechte Eck. Oude-Wesselink flog, aber das Runde wurde abgefälscht und sprang Richtung linken Pfosten. Dort stand Britta Kappel und drosch es von der Linie (70.). Victoria Gersten wechselte zum dritten Mal und brachte Sandra Reisinger für Inga Kappel. Doch auch die Schwester der Trainerin Maria Reisinger änderte nichts Wesentliches am Spiel. Chancen hatte nur der HSV. Homp warf von rechts an den Strafraum ein, und Hepfer hob rechts vorbei (76.). Eine Minute später schoss Patzke rechts aus spitzem Winkel drüber. Doch solche Highlights waren selten. Beide Teams leisteten sich zu viele Unkonzentriertheiten und Ungenauigkeiten. Gersten hatte durchaus Kontermöglichkeiten, spielte diese aber nicht oder schlecht aus.
In der Schlussphase wechselte Claudia von Lanken erstmals aus. Höß ging nach ordentlicher Partie vom Feld und wurde durch Louisa Nöhr ersetzt (87.). Kurz darauf sah Rohling nach einem Foul an Lübcke die einzige Gelbe Karte des Spiels.
Die vorletzte Minute brach an, und es sah so aus, als bliebe es beim 2:0. Dann aber erarbeitete sich Patzke rechts den Ball von Britta Kappel und zog zur Mitte. Timmermann war mitgelaufen und bot sich an. Patzke versuchte sie anzuspielen, doch die Sturmkollegin wurde um ihr drittes Tor gebracht: Jäger bugsierte das Leder zum 3:0-Endstand ins eigene Netz. Direkt im Anschluss an das Tor kam noch Carina Wolfgramm für Lübcke zum Mitjubeln.
Das 3:0 ging auch in der Höhe in Ordnung. Gersten war zu harmlos, um den HSV ernsthaft zu gefährden. Allerdings hätte der Ausgleich nach 49 Minuten dem Spiel durchaus eine andere Wendung geben können. Es blieb jedoch die einzige richtig gute Chance der Emsländerinnen in einem insgesamt mäßigen Zweitligaspiel. Bis auf diese Szene war der HSV recht souverän und ließ wenig zu. Man muss jedoch konstatieren, dass die Phasen, in denen eine klare spielerische Linie fehlte, zu lang waren. An diesem Tag war Victoria Gersten aber kein Gegner, der das zu nutzen wusste.

Handgezählte 73 Zuschauer fanden sich ein, darunter auch das HFV-Verbandstrainer-Duo Stephanie Gordon-Hall (rechts) und Tanja Wunder
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Statistik:
Hamburger SV II.: Weber – Brüggemann, Meiforth, Lehmann, Moelter – Höß (87. Nöhr), Hepfer, Lübcke (89. Wolfgramm), Homp – Patzke, Timmermann
SV Victoria Gersten: Oude-Wesselink – Bürger, Meiners, B. Kappel, Tepe – Kieras (62. Lögering), Jäger – Fennen (50. Heitmann), Sieksmeyer, I. Kappel (73. S. Reisinger) – Rohling
Schiedsrichterin: Kathrin Heimann (Gladbeck) mit Nadine Mattes (Castrop-Rauxel) und Natalie Fichtner (Werther)
Zuschauer: 73 (inoffiziell)
Tore: 1:0 Timmermann (27.), 2:0 Timmermann (50.), 3:0 Jäger (89. / Eigentor)
Gelbe Karte: Rohling (Gersten, 88. Minute, Foulspiel)