Schadensbegrenzung

Wie schon 2010 sollte Manjou Wilde, hier bewacht von Kimberly Bühl, ein entscheidender Faktor für den Finalausgang werden

Wie schon 2010 sollte Manjou Wilde, hier bewacht von Kimberly Bühl, ein entscheidender Faktor für den Finalausgang werden

Es war, wie im Vorjahr, das Traumfinale der Norddeutschen B-Juniorinnen-Meisterschaft: Elbe gegen Weser, Weiß-Rot gegen Grün-Weiß, HSV gegen Werder. Auf Seiten der Rothosen hoffte man auf eine Revanche für die 3:4-Niederlage von 2010. Klar war allerdings: Die Bremerinnen waren in der Favoritenrolle. Das lag nicht nur, aber auch an den Begleitumständen: Am Vortag hatte Werder beim 10:0 gegen den TSV Schönberg das weitaus leichtere Spiel gehabt und zudem zwei Stunden länger Pause, während für den HSV nach dem schwereren Auftritt gegen den VfL Wolfsburg (2:0) gerade einmal fünfzehneinhalb Stunden zur Verfügung hatte, um sich zu erholen – oder was der NFV dafür hielt.

Hoher Einsatz, hohe Beine: Charline Hartmann foult Nadia Rodrigues

Hoher Einsatz, hohe Beine: Charline Hartmann foult Nadia Rodrigues

Das Spiel begann wie erwartet: Werder Bremen bestimmte die Anfangsphase. Schon in der 3. Minute hatte der HSV Glück, als Werders Zweitliga-Abwehrspielerin Kea Eckermann einen Freistoß von rechts hereinschlug und Gegenstück Jana Lübker den Ball verpasste. Jana Lehmann war dahinter frei und hielt den Fuß hin, aber das Leder ging drüber. Es war das erste Zeugnis einer klaren Überlegenheit der „Gäste“, gegen die der HSV kein Mittel fand und kaum einmal überhaupt aus der eigenen Hälfte kam. In der 12. Minute kam Eckermann nach einem Eckball von Merve Kinikloglu zum Kopfball, schädelte jedoch genau auf C-Mädchen-Torhüterin Svenja Busies, die wie am Vortag den Platz zwischen den Pfosten ausfüllte.

Kea Eckermann kommt nach der Ecke zum Kopfball ...

Kea Eckermann kommt nach der Ecke zum Kopfball ...

... zielt aber genau mittig auf Svenja Busies

... zielt aber genau mittig auf Svenja Busies

Eine Minute später war Busies erneut gefragt. Zentral kam ein Pass zu Maylin Widjaja, die den Ball gleich weitergab. Sarah Jobe war frei vor Busies und versuchte, das Spielgerät mit der Fußspitze an der Keeperin vorbei ins Tor zu schieben. Doch Busies warf sich ihr entgegen und rettete in höchster Not. Werder Bremen machte weiter Druck. Sie waren bissiger und zweikampfstärker. Probleme hatte der HSV vornehmlich mit langen Bällen von Eckermann aus der eigenen Hälfte auf U16-Nationalspielerin Manjou Wilde. In der 19. Minute war es aber nicht Eckermann, die auf diese Weise Wilde einsetzte, sondern Verteidigerkollegin Mirja Budde. Nadia Rodrigues verpasste den springenden Ball, und so erhielt ihn Wilde. Sie schlug einen Haken zur Mitte und zog aus zwanzig Metern ab. Busies war in die richtige Ecke unterwegs und hatte die Fingerkuppen noch am Ball, der aber schlug oben rechts ins Eck ein – 0:1. Bitter, aber nach dem Spielverlauf bis dato hochverdient.

Das Unheil nimmt seinen Lauf: Ungestört kommt Wilde zum Schuss ...

Das Unheil nimmt seinen Lauf: Ungestört kommt Wilde zum Schuss ...

... auch Anna Peters duckt sich vorsichtshalber Weg ...

... auch Anna Peters duckt sich vorsichtshalber Weg ...

... Busies ist in der richtigen Ecke ...

... Busies ist in der richtigen Ecke ...

... und doch gleitet der Ball zum 0:1 über die Finger

... und doch gleitet der Ball zum 0:1 über die Finger

Der HSV wirkte insgesamt überfordert mit der erheblichen Spielgeschwindigkeit der Bremerinnen, und anhand der misslungenen Aktionen konnte man zu der Erkenntnis kommen, dass sie insgesamt nervös und verunsichert waren. Werder war zudem meist einen Tick handlungsschneller und drückend überlegen, während beim Lokalmatador nichts zusammenlief.

Trainerin Mareike Geidies hatte viele Anweisungen zu geben

Trainerin Mareike Geidies hatte viele Anweisungen zu geben

Erst in der 25. Minute, nachdem Widjaja einen schwachen Schuss auf Busies abgegeben hatte, gab es die erste gefährliche Torszene der Rautenträgerinnen. Sebnem Dairecioglu brachte die Kugel von links an den Strafraum herein, Johanna Martens nahm sie an und legte für Paulina Bode auf. Deren Schuss aus 23 Metern wurde abgefälscht, und Sarah Ruhe im Werder-Tor konnte ihn sicher fangen. Der HSV hatte in der Zwischenzeit auf den Flügeln einmal komplett getauscht: Defensiv wechselte Kimberly Bühl gegen Nadia Rodrigues von links nach rechts, um Manjou Wilde besser in den Griff zu bekommen, und offensiv ging Dairecioglu nach links und Zweitligameisterin Louisa Nöhr auf die rechte Seite.

Offensiv klappte wenig: Marilén Bistricianu wird von Saskia Bohling geblockt, während sich rechts Sebnem Dairecioglu vergeblich anbietet

Offensiv klappte wenig: Marilén Bistricianu wird von Saskia Bohling geblockt, während sich rechts Sebnem Dairecioglu vergeblich anbietet

Nach einer halben Stunde war Feierabend für Nadia Rodrigues, die keinen guten Tag hatte. Lina Kunrath kam herein. Der HSV kam in den letzten zehn Minuten des ersten Durchgangs besser ins Spiel, nachdem Werder sich zurückzog. Nöhr, inzwischen wieder auf dem linken Flügel, dribbelte erst zwei Bremerinnen aus und dann noch eine, ehe sie für Martens durchsteckte. Diese zögerte mit einer Flanke auf die eingerückte Dairecioglu, schlug einen Haken und probierte es schließlich selbst vom linken Strafraumeck. Ruhe holte das Leder sicher aus der Luft (33.). Drei Minuten später bolzte Bühl einen Freistoß von der Mittellinie in den Sechzehner. Dort, wo der Ball herunter kam, entstand ein Kuddelmuddel, aus dem Martens als Siegerin hervor ging. Ihr Abschluss aus aussichtsreicher Position wurde dann aber abgeblockt.

Louisa Nöhr aus der Zweiten hatte ein paar gute Szenen

Louisa Nöhr aus der Zweiten hatte ein paar gute Szenen

Kurz vor der Pause gab es noch eine strittige Szene: An der Seitenlinie holte sich Martens äußerst robust den Ball von Saskia Bohling, aber Schiedsrichterin Susann Kunkel ließ die Szene weiterlaufen, während Bohling liegen blieb. Martens ging Richtung Mitte und versuchte quer zu legen. Eine Bremerin hatte den Fuß dazwischen, so dass sich Marilén Bistricianu erst drehen musste. Ihr nachfolgender Schlenzer ging drüber (38.). Das 0:1 hatte bis zur Pause Bestand, und das auch verdient, denn Werder war dreißig Minuten lang klar überlegen gewesen. Erst dann nahmen die Rothosen den Kampf an, leider zu spät, um mit einem Remis die Seiten zu wechseln. Beständig waren vor allem die Probleme mit dem Bremer Wirbelwind Manjou Wilde, die selbst eher selten den Abschluss suchte, einmal jedoch Erfolg hatte. Busies sah beim Gegentor unglücklich aus, war aber wohl chancenlos, nachdem sie zuvor zweimal ihr Team großartig vor dem Rückstand bewahrt hatte. Werder spielte variabel und bot durchaus attraktiven Fußball, schien auf den Sieg fokussiert.

Jana Lübker klärt nach einem Einwurf per Kopf

Jana Lübker klärt nach einem Einwurf per Kopf

In die zweite Halbzeit ging es ohne personelle Veränderungen auf beiden Seiten, was hinsichtlich des HSV aber durchaus überraschte. In den ersten 40 Minuten war einigen Spielerinnen sehr wenig gelungen. Aber die Rothosen hatten sich offenbar vorgenommen, sich nicht kampflos zu ergeben. Mit Schwung kamen sie aus der Kabine und setzten Werder sofort unter Druck. Links bekam Nöhr einen langen Ball, spielte Kiniklioglu aus und gab quer weiter. Alina Witt erreichte den Ball und wurde gestört, brachte das Leder aber erneut weiter zu Martens. Deren Schuss aus 14 Metern ging über das Tor (41.). Sie waren jetzt zwar energischer und hielten mehr dagegen als in Durchgang eins, verströmten aber zu wenig Torgefahr, waren offensiv nicht konsequent genug. Doch die Anfangsoffensive animierte die Werder-Bank zum Handeln. Nina Woller ersetzte ab der 48. Minute Sarah Guzmann, eine von zwei U15-Spielerinnen in der Anfangself der Gäste von der Weser. Eine Minute später zog Martens im Fallen aus 15 Metern ab, der Ball ging rechts daneben.

Alina Witt ist vor Nina Woller am Ball

Alina Witt ist vor Nina Woller am Ball

Aber der Offensivdruck verpuffte. Werder verwaltete den knappen Vorsprung, spielte nicht nachdrücklich auf das zweite Tor. Nach einem unnötigen Foul 21 Meter vor dem HSV-Tor gab es in zentraler Position Freistoß für die Bremerinnen. Eckermann trat an und schlenzte rechts drüber. Doch Schiedsrichterin Kunkel pfiff ab und entschied, den Freistoß wiederholen zu lassen: Bühl hatte sich zu früh aus der Mauer gelöst und sah die Gelbe Karte. Nun trat Manjou Wilde an. Und die versenkte an der Mauer vorbei flach links in der Torwartecke zum 0:2 in der 56. Minute. Wieder ein vermeidbarer Gegentreffer.

Eckermanns Freistoß aus 21 Metern ...

Eckermanns Freistoß aus 21 Metern ...

... geht drüber, muss aber wiederholt werden

... geht drüber, muss aber wiederholt werden

In der Folgezeit war Werder wieder souveräner. Dem HSV war das Bemühen nicht abzusprechen, aber sie waren nicht in der Lage, die Bremerinnen mit zwingenden Aktionen ins Schwimmen zu bringen. Das Aufbäumen, das man zumindest im Finale 2010 nach dem Gegentreffer zum 1:3 beobachten konnte und in die Verlängerung führte, blieb aus. Aber dazu fehlten auch die Impulse von der Trainerbank. Zwar stellten Mareike Geidies und Tanja Krause auf drei Spitzen um, personell nahmen sie jedoch keine Veränderungen vor, brachten kein frisches Blut herein.

Dieses Mal macht's Manjou Wilde ...

Dieses Mal macht's Manjou Wilde ...

... zieht den Ball flach an der Mauer vorbei ...

... zieht den Ball flach an der Mauer vorbei ...

... auf die Torwartecke ...

... auf die Torwartecke ...

... und trifft zum vorentscheidenden 0:2

... und trifft zum vorentscheidenden 0:2

Torszenen gab es auf beiden Seiten keine mehr in den letzten 20 Minuten. Sebnem Dairecioglu sah wegen Meckerns in der 62. Minute Gelb, Marilén Bistricianu in der 69. Minute nach einem Foulspiel. Erst drei Minuten vor dem Ende, zu einem Zeitpunkt, da das Spiel längst entschieden war und die Aktion lediglich statistischen Wert besaß, wechselte der HSV doppelt. Lysianne Poleska und Henrike Diekhoff durften nochmal ein paar Minuten mitkicken, während Bistricianu und Martens auf der Bank Platz nahmen. Mehr als Schadensbegrenzung gelang den Rothosen nach dem 0:2 nicht mehr.

Werder freute sich über einen fast mühelosen Sieg

Werder freute sich über einen fast mühelosen Sieg

Werder gewann letztlich ohne Mühe. Nur kurz nach der Pause schien der HSV fähig, diesem Spiel noch eine Wendung zu geben und es ausgeglichen zu gestalten. Aber nach dem vorentscheidenden zweiten Bremer Treffer ließen die Grün-Weißen das Spiel einfach ohne größere Kraftanstrengung auslaufen. Sie hatten das Spiel 70 Minuten lang im Griff gehabt und verteidigten ihren Titel zurecht zum zweiten Mal erfolgreich. Der HSV war durch die kürzere Pause und das schwerere Halbfinalspiel sicherlich gehandicapt, als alleinige Ursache für den Ausgang des Spiels kann dies jedoch nicht herhalten. Man muss letztlich konstatieren, dass Werder Bremen die bessere Mannschaft war. Ob das Trainerduo Geidies/Krause mit einer deutlich früheren Auswechslung daran noch etwas hätte ändern können, bleibt spekulativ. Aber wenn man wirklich einen Titel gewinnen und zur Vorrunde zur Deutschen Meisterschaft fahren will, sollte man zumindest alle Register ziehen.

Abschließende Worte von Trainerin Mareike Geidies

Abschließende Worte von Trainerin Mareike Geidies


Statistik:

 

Hamburger SV: Busies – Bühl, Lübker, Peters, Rodrigues (30. Kunitz) – Nöhr, Bode, Witt, Dairecioglu – Martens (77. Poleska), Bistricianu (77. Diekhoff)

SV Werder Bremen: Ruhe – Budde, Eckermann, Bohling, Kiniklioglu – Lehmann – Hartmann, Jobe – Wilde, Widjaja (72. Schlüter), Guzmann (48. Woller)

Schiedsrichterin: Susann Kunkel (FFC Oldesloe 2000)

Tore: 0:1 Wilde (19.), 0:2 Wilde (56., Freistoß)

Gelbe Karten: Bühl (HSV, 56. Minute, Unterschreitung des Freistoßabstands), Dairecioglu (HSV, 62. Minute, Meckern), Bistricianu (HSV, 69. Minute, Foulspiel)


Kommentare:

Peter F., Eingereicht am 25.05.2011 um 17:11: Eine Enttäuschung ist es schon – wenn man sieht, dass auch nach einem weiteren Jahr mit dieser Trainerin keinerlei Fortschritte im Taktischen Bereich erzielt wurden. Was können die Mädels dafür, wenn sie nicht so ausgebildet werden wie es versprochen wurde ???

Yati, Eingereicht am 25.05.2011 um 16:32: Moin, auch wenn gesagt wird, nicht “als alleinige Ursache”.
hallo, jeder der sowas mit in den Bericht bringt versucht sich doch so ein Alibi zu holen. Das ist genau wie bei den Profis, die die selben Ausreden haben. mfg

Fuxi, Eingereicht am 24.05.2011 um 19:21 | Als Antwort auf Yeti.: Ist es das Lesen oder das Verstehen des Gelesenen, das einem Yeti Schwierigkeiten bereitet? Was genau an

“Der HSV war durch die kürzere Pause und das schwerere Halbfinalspiel sicherlich gehandicapt, als alleinige Ursache für den Ausgang des Spiels kann dies jedoch nicht herhalten. Man muss letztlich konstatieren, dass Werder Bremen die bessere Mannschaft war.”

hast Du nicht verstanden?

Yeti, Eingereicht am 24.05.2011 um 16:49: Moin, schöne Entschuldigung, das mit den zweistunden weniger Pause und so. Das wir letztes Jahr die Anfahrt über die A1 hatten und die HSV Mädels Ausschlafen konnten zählte damals nicht. Und nur mal so zur Anmerkung. Bei Werder fehlten 7 Stammspielerinnen, 5 mussten beim Relegationsspiel in Eilbek bei der 2. Frauenmannschaft aushelfen und zwei waren verletzt. Als Ersatz hatten drei C-Mädels ihren ersten Einsatz bei der U17. Ich muss zugeben, das ich vom HSV und von Wolfsburg sehr entäuscht war. Ich denke, das der Sieg für die Werder Spielerinnen verdient war. mfg

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