WM 2011 – Tag 3

Am dritten Tag der Fußball-Weltmeisterschaft setzten sich in Gruppe C die Favoriten durch. Und doch waren die Ergebnisse wieder nicht allzu deutlich: Erstmals gewann eine Mannschaft mit zwei Treffern Unterschied. Und zum zweiten Mal gab es in einem Spiel keine Gelbe Karte.

Den Auftakt des Tages bestritten Kolumbien und Schweden. Die Schwedinnen gelten nach einem recht radikalen personellen Schritt nach dem WM-Vorrundenaus 2007 und Viertelfinalteilnahmen bei der EM 2009 und Olympia 2008 als Geheimfavorit. Vom HSV ist Antonia Göransson im Kader, wurde gegen den WM-Debütant aus Südamerika aber nicht eingesetzt. Die Frankfurterinnen Sara Thunebro und Jessica Landström hingegen waren von Beginn an dabei. Von den Umständen unbeeindruckt versuchte Kolumbien gleich mitzuspielen und gab auch den ersten Schuss ab, aber Hedvig Lindahl fischte den Versuch von Daniela Montoya nach zwei Minuten aus der Luft. Lindahl schlug den Ball lang nach vorn, durch einen Stellungsfehler konnte Lotta Schelin den Ball mit der Brust mitnehmen und bog ihn mit einem langen Schritt um Sandra Sepúlveda herum, doch Kolumbiens Kapitänin Natalia Gaitán rettete einen halben Meter vor der Linie – schmackhafter Auftakt. Die Südamerikanerinnen irritierte das nicht. In der sechsten Minute kam Catalina Usme bei einem Pass von Carmen Rodallega hinter die Abwehr einen Tick zu spät, sonst hätte sich das Stressniveau von Lindahl schlagartig verdreifacht. Auf der Gegenseite verlor Montoya den Ball gegen Caroline Seger, die einen schnellen Konter einleitete und nach Doppelpass für Schelin durchsteckte. Wieder bugsierte sie den Ball an Sepúlveda vorbei, wieder retteten Gaitán und Andrea Peralta vor der Linie für ihre geschlagene Keeperin. Die Zuschauer hatten ihren Spaß. Nach zwölf Minuten vergab Landström nach Ablage von Schelin aus acht Metern freistehend kläglich – in bester Garefrekes-Manier kickte sie die Kugel drüber. Das musste am Stammverein 1.FFC Frankfurt liegen… Schweden bekam in der Folgezeit die Partie besser in den Griff. Dahlqvists Schuss in der 21. Minute wurde von Gaitán noch abgefälscht. Aber die schwedische Torgefahr nahm ab. Caroline Seger kompensierte das durch Härte und handelte sich nach Foul an Montoya eine Gelbe Karte ein. Den anschließenden Freistoß setzte Yoreli Rincón jedoch aus 30 Metern deutlich links vorbei. Auf der anderen Seite rettete Sepúlveda aufmerksam vor dem eigenen Strafraum gegen Schelin (35.). Und das war es schon an Torszenen in einer ersten Halbzeit, die attraktiv begann und zunehmend verflachte.

Die Skandinavierinnen hatten sich für den zweiten Durchgang vorgenommen, endlich in Führung zu gehen, und in der 47. Minute hätte es wieder fast geklappt. Nach Ballverlust von Rincón an der Mittellinie schickte Dahlkvist mit einem Außenristpass Schelin steil, die an der herausstürmenden Sepúlveda vorbei ging, aus spitzem Winkel im Fallen aber rechts am langen Eck des völlig leeren Tores vorbeischoss. Das sah zwar recht peinlich aus, der Ball war aber schwerer zu verwandeln, als es schien. Kolumbien war vermehrt in der Defensive gefordert, wurde jedoch nicht wirklich gefährlich. Anders Schweden, das jedoch fahrlässig seine Chancen verballerte. So auch Landström nach 56 Minuten nach einem Zuspiel von Seger. Vierzig Sekunden später aber konnte auch sie nicht mehr vorbei schießen, als ihr Schelin nach gewonnenem Dribbling gegen Gaitán den Ball von der rechten Torauslinie perfekt vier Meter vor den Kasten platzierte. Die Führung war natürlich verdient. Schweden versuchte nachzusetzen, leistete sich aber in den entscheidenden Momenten in Strafraumnähe eine zu hohe Fehlerquote. Kolumbien war bemüht, wieder ins Spiel zu finden. Einen umständlichen Konter schloss Rodallega in der 66. Minute immerhin mit einem Schlenzer aufs Tornetz ab, aber Lindahl wäre auch zur Stelle gewesen. Schweden tat sich schwer, das Spiel zu bestimmen, Kolumbien bekam deutlich mehr Spielanteile, war aber auch oft zu verspielt, um die Skandinavierinnen richtig unter Druck zu setzen. Das Spiel plätscherte also zwischen den Strafräumen dahin. In der 78. Minute standen zwei Schwedinnen bei einem langen Ball von Dahlkvist in die kolumbianische Hälfte im Abseits, nicht aber Therese Sjögran, die lange zögerte, einen Haken schlagen musste und ihren Schuss dann aus dreizehn Metern in Rückwärtsbewegung über den Kasten setzte. Schwedens Fußballerin des Jahres verpasste es, den Sack zuzumachen. Nicht anders erging es der eingewechselten Sofia Jakobsen, die nach Zuspiel von Sjögran an Gaitán vorbei marschierte, mit ihrem Abschluss aber an Sepúlveda scheiterte. Drei Minuten später scheiterte Schelin ebenfalls an Sepúlveda. Die letzte Chance vergab Rodallega, die in der zweiten von vier Nachspielminuten aus zwanzig Metern über das lange Eck schlenzte. Doch die Kolumbianerinnen brauchten sich nicht grämen: Beim WM-Debüt zogen sie sich gegen den Favoriten sehr achtbar aus der Affäre und machten es den Schwedinnen denkbar schwer.

Im zweiten Spiel des Tages trafen zwei Mannschaften aufeinander, deren Länder politisch im Clinch lagen: Die USA und Nordkorea. Früher hätte man vom „Klassenkampf“ gesprochen, vom „Krieg der Systeme“. An diesem Tag war es einfach nur ein Fußballspiel mit vorher schwer abzuschätzendem Ausgang. Die USA hatten in der Vorbereitung gegen Australien und England verloren, und Nordkorea war schwer auszurechnen. 2007 waren beide schon einmal zum Auftakt der Vorrunde aufeinander getroffen, die Partie endete 2:2, und beide kamen eine Runde weiter – übrigens war auch damals Schweden in der Gruppe. Abby Wambach und Heather O’Reilly, die Torschützen von vor vier Jahren, waren auch dieses Mal dabei, die nordkoreanischen Torschützinnen Kil Son Hui und Kim Yong Ae hingegen waren inzwischen aus der Nationalelf ausgeschieden. Nach ausgeglichenem Beginn dauerte es etwas mehr als neun Minuten bis zur ersten Chance. Einen Freistoß von Christie Rampone verlängerte Carli Lloyd per Kopf Richtung Tor, aber Hong Myong Hui konnte den Ball problemlos aufnehmen. Zwei Minuten später musste die koreanische Torhüterin nachfassen, als Lauren Cheney nach Ablage von Abby Wambach aus 20 Metern stramm abzog. In der 21. Minute gab Nordkorea den ersten harmlosen Torschuss ab, den Versuch von Jo Yun Mi konnte Hope Solo ohne Schwierigkeiten aufnehmen. Auf der Gegenseite machte es Lloyd nicht besser. Jong Myong Hwa probierte es nach 25 Minuten erneut aus der Distanz und zielte drüber. Nordkorea fand gegen die Defensive der USA kein Mittel, um zwingend zu werden. Aber auch den Amerikanerinnen fiel das Spiel nach vorn nicht leicht. Der Weltmeister von 1991 und 1997 rannte sich immer wieder fest. So war es eine erste Halbzeit mit spärlichen Höhepunkten, obwohl beide Teams defensiv nicht unverwundbar waren, wie sich immer wieder mal zeigte. Nach 34 Minuten schoss Wambach aus 14 Metern genau in die Arme der Torhüterin. Auf der Gegenseite musste Hope Solo einen Schuss von Kim Su Gyong aus spitzem Winkel in höchster Not am kurzen Pfosten zur Ecke abwehren (34.) – die beste Möglichkeit der Asiatinnen. Dann versuchte es Lloyd wieder aus 22 Metern flach genau auf die Tormitte und brachte Hong Myong Hui damit nicht ins Schwitzen. Ra Un Sim schoss in der 41. Minute links am Tor vorbei, nachdem Yun Hyon Hi rechts im Strafraum aufgelegt hatte. Die erste Halbzeit beschloss Yun selbst mit einem Distanzschuss, der das Tor links verfehlte, und das beste, das man über diese 45 von der deutschen Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus geleiteten Minuten sagen konnte, war: Sie waren fair.

Lauren Cheney leitete den zweiten Spielabschnitt mit einem Schuss aus fünfzehn Metern genau auf Hong Myong Hui ein (47.). Die zweite Hälfte ging also so weiter, wie die erste geendet hatte. Richtig gefährlich wurde es, als Shannon Boxx der Ball nach einem langen, hohen Ball von Rampone und einem Kopfballduell wieder vor die Füße fiel, aber ihr Versuch rauschte volley drüber (49.). Die USA schienen nun etwas engagierter. Nach Flanke von O’Reilly nahm Cheney den Ball umständlich an und konnte ihn gerade so noch aufs Tor bringen, aber Hong war zur Stelle. Dann setzte sich Boxx in der 51. Minute links durch und passte zurück, Wambach sprang der Ball etwas weg, und doch zog sie im Fallen vom Fünfmetereck ab – drüber. Sie drängten vehementer auf das 1:0 und wurden in der 54. Minute belohnt: Als Wambach links steil geschickt wurde, entledigte sie sich ihrer Gegenspielerin mit einem Bauerntrick, flankte zum Tor hin auf die Grenze des Fünfmeterraumes, und von dort hatte Lauren Cheney keine Mühe, gegen Hongs Laufrichtung einzuköpfen. Zu diesem Zeitpunkt ging das 1:0 in Ordnung. Es war ein Tor, das dem Spiel gut tat. Auf der anderen Seite traf Ri Ye Gyong aus 20 Metern auf die Latte – Solo wäre geschlagen gewesen. Nordkorea musste etwas mutiger werden, aber Ri Ye Gyongs Schuss wenig später war viel zu kraftlos. O’Reilly war es, die nach knapp einer Stunde aus der Drehung verdeckt verzog. Dann wieder die USA, Lloyd konnte scharf von links flanken, Wambach stand am langen Eck frei und drückte das Leder per Kopf mittig aufs Tor. Den Aufsetzer lenkte Hong noch leicht ab – und an die Latte! Was für eine kuriose Szene… Die USA waren dem 2:0 näher als die harmlosen Koreanerinnen dem Ausgleich. In der 73. Minute bog Hong einen Schlenzer von Michelle Rodriguez von der Strafraumgrenze noch um den Pfosten. Drei Minuten später konnte Nordkorea eine Ecke erst abwehren, aber rechts überlief die frühere Frankfurterin Alex Krieger die eingewechselte Kim Un Ju. Ihre Flanke rutschte ab, flog über Hong hinweg und klatschte an die Latte. Aus dem nachfolgenden Gewühl heraus kam die zum Eckball aufgerückte Innenverteidigerin Rachel Buehler aus dreizehn Metern im Fallen zum Schuss und traf ins kurze Eck zum 2:0 (76.), ihr zweites Länderspieltor. Nordkorea war damit bezwungen. Die USA waren nicht mehr zwingend torgefährlich und doch dem dritten Tor näher als die Asiatinnen dem Anschluss. Die eingewechselte Alex Morgan zielte in der 86. Minute von der Strafraumgrenze nochmal drüber. Der 20-Meter-Schuss von Kwon Song Hwa eine Minute später war für Hope Solo kein Thema. Mehr kam aber auch nicht mehr. Das 3:0 durch Rampone in der Nachspielzeit gab Bibiana Steinhaus wegen Angriffs auf die Torhüterin im Fünfmeterraum allerdings nicht mehr, nachdem Hong einen Schuss von Wambach hatte abprallen und so Rampone das Abstauben ermöglicht hatte. Hong hatte beide Hände am Ball – korrekte Entscheidung. Die Behandlungszeit für Hong wurde auf die Nachspielzeit draufgepackt, dann war’s vorbei. Die USA setzten sich verdient mit 2:0 durch und scheinen einen Ruf als Turniermannschaft aufbauen zu wollen.

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