Rückzug

Symbolbild Spielabsagevon Fuxi

Ich bin jetzt im 14. Jahr als Fan im Umfeld des HSV-Frauen- und Mädchenfußballs aktiv. Das ist eine lange Zeit, und jedes Mal, wenn ich daran denke, erschrecke ich wieder davor. Manchmal kommt es mir wie gestern vor, als ich an der Hagenbeckstraße ankam, um dort erstmals live ein Spiel der HSV-Frauen zu sehen – die Erste spielte in der Regionalliga gegen den SV Upen, gewann 7:0 und (mindestens) einen Fan.

Wenn man so lange dabei ist, erlebt man eine ganze Menge. Zerplatzte Aufstiegsträume, Aufstiege, Abstiege, Wiederaufstiege, Klassenerhalte in letzter Sekunde, grandiose Pokalspiele und Pokaldramen. Man lernt neue Leute kennen und verabschiedet sie wieder, baut neue Kontakte auf. Und die Leidenschaft lässt einen kaum müde werden, um nicht immer noch ein paar Minuten mehr zu investieren. Immer wieder gibt es dieses Eine, das man eigentlich noch machen muss, diese eine Meldung, die zu schreiben ist, und man schreibt sie auch, denn morgen ist sie kalter Kaffee.

Allerdings gibt es auch Dinge, die einen Enthusiasten zermürben können. Tage, an denen man sich fragt, warum man sich das eigentlich antut, und die gerade dazu drängen, etwas Abstand zu nehmen – entweder in Form von neuer Motivation als Anlauf für die Zukunft oder eben als Chance der Zäsur. Für mich ist dieser Zeitpunkt gekommen. Auslöser dafür war eine Mail des 2. Vorsitzenden des Amateurvorstandes, Hartmut Stöpel. Ich hatte mich geradezu erdreistet, für einen Artikel zu recherchieren, der am Freitag der vorvergangenen Woche unter dem Titel „Schlussstrich unter das Führungschaos“ erschienen ist. Der Artikel sollte über den Tellerrand des Frauen- und Mädchenfußballs hinaus blicken, denn immerhin besteht der Verein aus mehr als nur dem Fußball und vor allem – das war mein Hauptkritikpunkt am Gebahren des Aufsichtsrates – aus mehr als nur dem Lizenzfußball. Um ein rundes Bild zu erhalten und eventuell mit Fehlinformationen aufzuräumen, die sonst in den Artikel eingeflossen und ihn verfälscht hätten, hatte ich verschiedene Abteilungen per Mail angeschrieben und um ein Statement und Hintergrundinformationen gebeten. In Zeiten, in denen vor allem in den klassischen Medien unter Zeit- und Kostendruck immer mehr behauptet und immer weniger mit Fakten untermauert wird, erschien mir das als die seriöseste Herangehensweise.

Für den Amateurvorstand, in dem übrigens auch als Kassenwärtin Sabine Gercken von den 5. Frauen sitzt (die offenbar meine E-Mail an sie pflichtbewusst weitergeleitet hatte), scheint das jedoch eher irritierend zu sein, denn Stöpels Mail hatte im ersten Teil in meiner Lesart nach und vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in der Vereinsführung eher paranoide Züge, war zudem nicht besonders höflich gehalten und zeugte eher von Ablehnung denn von Erbauung über anderer Leute Engagement, um es mal vorsichtig auszudrücken. Im Klartext: Meine Arbeit wurde durch Formulierungen und Zeichensetzung deutlich in Zweifel gezogen. Vielleicht sollte ich das gewöhnt sein, schließlich hatte mir der damalige Manager Reiner Jordan nach den Pokalergebnissen (die Erste war bei Potsdams Zweiter in der ersten Runde ausgeschieden, und auch die Zweite hatte beim 2:11 gegen den Zweitliga-Konkurrenten FC Gütersloh die Segel streichen müssen) seinerzeit vorgeworfen, mich heimlich darüber gefreut zu haben, woraufhin ich meine eigene Fan-Webseite einstellte.

Ich verlange ja nun wahrlich nicht viel. Positives Feedback oder auch sachlich geäußerte Kritik sind für meine Mühen Lohn genug. Da „opfere“ ich gern meine Zeit. Wenn ich dann allerdings aus einem führenden Gremium derart in Frage gestellt werde, ärgert mich das, vor allem, wenn dafür offenbar schlichte Ignoranz und Geringschätzigkeit die Ursache sind. In meinen Anschreiben an die jeweiligen Abteilungen schrieb ich unter meinem Realnamen, nutzte aber auch mein Pseudonym, nannte die Adresse der Torjäger und beschrieb sowohl dieses Projekt als auch die Intention meines Artikels. Und ich habe dargelegt, in welcher Art und Weise ich die Informationen und Statements zu verwenden beabsichtigte. Wer also diese E-Mails las, war mit den von mir überlieferten Angaben in der Lage, sich ein Bild von den Torjägern und auch von mir als Autor zu machen. Nur dem Amateurvorstand war dies offenbar nicht möglich – warum auch immer.

Ich bin es leid. In den letzten gut zwei Jahren herrschen in den oberen Etagen des HSV anscheinend vor allem Profilierungssucht und ein herzliches Gegeneinander, das in dem Führungschaos zwischen Vorstand und Aufsichtsrat gipfelte. Ich weiß nicht, warum Hartmut Stöpel bzw. der Amateurvorstand mich nicht für würdig hält, seine Kriterien für einen echten, guten HSVer zu erfüllen – vielleicht liegt es nur am fehlenden Mitgliedsausweis (den ich vor einigen Jahren abgab, weil ich mit dem Einfluss und der Politik der Supporters nicht einverstanden war), aber dass der allein nicht Kriterium für einen „guten HSVer“ sein kann, haben einige, die einen solche ihr Eigen nennen, auf der letzten Mitgliederversammlung mit der Wahl der vier neuen Aufsichtsräte, meiner Meinung nach hinreichend bewiesen, mindestens aber diejenigen, die vor einigen Jahren bei einer solchen Versammlung für den Ausschluss der Presse votierten. Vor allem bin ich es aber leid, mich immer wieder von Personen in höheren Positionen in Frage stellen zu lassen und mein Engagement rechtfertigen zu müssen.

Darum ziehe ich mich also vorerst von den „Torjägern“ zurück. Es wird eine Pause ohne zeitliche Begrenzung, in der ich mir unweigerlich klar darüber werde, ob ich meine Beteiligung an diesem Projekt fortführe oder mich anderen Dingen zuwende, die sinnvoller erscheinen. Das Projekt selbst wird dabei nicht stillstehen, denn Kuddel wird in seinem gewohnten Umfang weitermachen, und ich hoffe, sein Eifer und Enthusiasmus wird ihm von denen, in deren Sinne wir berichtet haben und er weiter berichtet, ebenso vergolten wir mir (alle anderen richten ihre Dankschreiben bitte an den Amateurvorstand :wink:). Denn trotz alledem will ich die vielen Jahre, in denen ich meine eigene Seite betreute, für Fansoccer.de berichtete, mich am Projekt HSV-Frauen-Supporters beteiligte und zuletzt für die „Torjäger“ arbeitete, nicht missen wollen.

Kommentare:

Norman, Eingereicht am 29.03.2011 um 08:46: Sehr schade Fuxi !!! Ich habe deine sachlichen, überaus kompetenten Berichte sehr gerne gelesen.

Extrem-Fan, Eingereicht am 29.03.2011 um 09:03: Ich wünsche Dir eine wohl verdiente “Auszeit”, nimm Dir so viel Zeit, wie Du brauchst, und ich hoffe, Dich irgendwann wieder in der “Schüssel” an der Hagenbeckstraße wieder zu sehen… NUR DER HSV (-Frauenfußball)!!!

André, Eingereicht am 29.03.2011 um 09:52: Danke für die immer tolle Berichterstattung ! Hoffentlich gibt es irgendwann einen Rücktritt vom Rücktritt und wir sehen Dich irgendwo auf irgendeinem Platz wieder !
Solange (oder besser so kurz) geniess Deine Auszeit !

Thorsten Wolff, Eingereicht am 29.03.2011 um 10:28: Es gibt wohl Keinen der mehr Ehrenamtlich für den Frauen- und Mädchenfussball beim HSV getan hat. Mein Dank für deine tollen Berichte!! Ich hoffe daher dich bald wieder auf den Plätzen sehen zu können und das deine “Auszeit” recht kurz wird.

Thorsten, Eingereicht am 02.04.2011 um 12:37: Fuxi, diesen Schritt habe ich insgeheim befürchtet, umso mehr hoffe ich auf das Wort “vorerst”. Deine Berichterstattung ist unerreicht und insbesondere auch für die jüngeren Mannschaften oft der einzige Weg, eine gewisse Öffentlichkeit zu erlangen. Den Glanz in Spielerinnenaugen beim Lesen Deiner Texte kann sich mancher im Verein gar nicht vorstellen…
Lass’ Dich nicht ins Bockshorn jagen, wir freuen uns auf eine baldige Rückkehr !!!

Karsten, Eingereicht am 06.04.2011 um 16:33: Lieber Fuxi, mir fehlen schon jetzt Deine Berichte. Mein Vertrauen in den HSV ist weiter gesunken. Schade. Gruß Karsten

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.