Interview mit Sebastian Günther

Sebastian GüntherDie Saison neigt sich auch im Jugendbereich unweigerlich ihrem Ende zu. In einer Woche gibt es bei den D-Mädchen noch einmal ein Highlight: Das Fernduell um die Hamburger Meisterschaft. Wir haben ein letztes Gespräch mit dem scheidenden Trainer Sebastian Günther geführt. Mit uns sprach er über die Titelchancen, seine persönliche Zukunft und reflektierte das zusammen Erreichte.

Die Torjäger: Hallo Sebastian! Danke, dass Du Dich uns für ein Interview zur Verfügung stellst.
Am Samstag geht es für Euch im letzten Spiel gegen den SC Vier- und Marschlande um den Hamburger Meistertitel. Vom Harburger TB trennt Euch gerade die Tordifferenz, für die Ihr am Samstag in Wellingsbüttel ein ordentliches Polster herausgeschossen habt. Reicht das?

Sebastian Günther: Mit acht Toren vor Harburg haben wir uns ein sehr solides Fundament gebaut. Allerdings hat Harburg in den letzten Spielen gezeigt, dass sie auch sehr hohe Siege erzielen können. Entschieden ist also noch nichts, zumal Harburg mit Meiendorf den vermeintlich leichteren Gegner hat. Ganz klar ist aber auch, dass wir als Favorit in das Spiel gegen SCVM gehen. Nicht nur, was die Punktevergabe betrifft, sondern auch im Kampf um die Meisterschaft.

Die Torjäger: Deine Deerns sind in dieser Saison durchaus gefordert worden. Ich denke dabei an die Spiele in der Jungenstaffel JD 31, aber auch an das schwere Pokalfinale gegen HTB. Wie zufrieden bist Du mit dem Saisonverlauf insgesamt?

Sebastian Günther: Gegen die Jungs haben wir teilweise sehr starke Leistungen geboten und zeigten nahezu in jedem Spiel die deutlich reifere und klarere Spielanlage. Zudem haben wir bereits vier Spielsysteme verinnerlicht und unsere spielerische Härte ausgebaut. Wir haben uns sozusagen von dem „weichen“ Mädchenfußball entfernt. Das hat uns unter anderem auch in der Mädchenstaffel weitergeholfen. Dabei denke ich an Siege wie dem 5:2 gegen Komet Blankenese, wo wir zur Halbzeit noch 0:2 hinten lagen. Aber auch beim Unentschieden gegen Harburg mussten wir uns erst in das Spiel kämpfen, bevor wir auch spielerisch weit überlegen wurden. Generell kann man also zufrieden sein, auch wenn ein großer Kritikpunkt unsere schwache erste Halbzeit bleibt.

Die Torjäger: Ihr seid Hallenmeister und Pokalsieger, der Meistertitel ist greifbar – hast Du das so erwartet?

Sebastian Günther: Wir haben bereits im ersten D-Jugend-Jahr eine super Saison gespielt und waren sowohl in der Feldmeisterschaft wie auch in der Hallenrunde ganz nah am Titel. Zudem waren wir in allen Wettbewerben die stärkste Mannschaft des jüngeren Jahrganges, obwohl wir auch Spielerinnen der Jahrgänge 1999 und 2000 im Kader hatten (und noch immer haben), während Mannschaften wie Farmsen oder Wellingsbüttel fast ausschließlich mit Spielerinnen des Jahrganges 1997 spielten. Eine erfolgreiche Saison war also abzusehen. Dass sich nun auch der „materielle“ Erfolg ergeben hat, ist der gewissenhaften und aufopferungsvollen Arbeit der Mannschaft zuzuschreiben. Der größere Erfolg ist in meinen Augen jedoch die Art und Weise, wie sich die Mädchen auf und neben dem Platz präsentieren.

Die Torjäger: Wo hast Du als Trainer bei den Deerns die größten Entwicklungssprünge beobachtet?

Sebastian Günther: Seit meiner Zeit beim HSV versuche ich, Angriffsfußball zu vermitteln. Mittlerweile können wir nach einer Balleroberung im eigenen Strafraum innerhalb weniger Sekunden auf das gegnerische Tor abschließen. Aber auch wenn der Gegner sehr tief steht, können wir mit schnellen und meistens direkten Kombinationen in den gegnerischen Strafraum eindringen. Zudem verfügt mittlerweile fast jede Spielerin über eine ausgezeichnete Ballbeherrschung. All diese Fähigkeiten, zusammen mit einer überdurchschnittlichen Spielintelligenz, haben uns dahin geführt, wo wir heute stehen.

Die Torjäger: Gibt es auch was, wo Du Dir vor der Saison mehr erhofft hattest?

Sebastian Günther: Im sportlichen Bereich nicht.

Die Torjäger: Fast die gesamte Mannschaft wechselt zur neuen Spielzeit in die 1. C zu Daniel Frey und Cathérine Knobloch. Wie gravierend wird die Umstellung für die Mädchen sein?

Sebastian Günther: Seit meinen drei Jahren mit dieser Mannschaft konnten wir über 50% der Spielerinnen bis heute halten. Das ist einer von vielen Gründen, warum wir eine solche Entwicklung machen konnten. Bedenkt man, dass zur neuen Saison viele bekannte Gesichter zum HSV zurückkehren werden, wird die Umstellung zu verkraften sein.

Die Torjäger: Dieser Wechsel der Altersklasse bedeutet eine Zäsur, aber auch bei Dir gibt es eine persönliche Veränderung …

Sebastian Günther: Diese Mannschaft hat seit der D-Jugend Leistungsfußball gespielt. Die sonst übliche Aufteilung in einen Leistungssport- und einen Breitensportbereich ist dieser Mannschaft größtenteils erspart geblieben. Ich habe meine Aufgabe immer mit größtmöglicher Professionalität und absoluter Leidenschaft wahrgenommen und sehe sie nun als beendet an.

Die Torjäger: Für den HSV ist das sehr schade, angesichts der Entwicklung des Teams in den letzten drei Jahren. Wie kam es dazu?

Sebastian Günther: Als ich im Januar 2008 angesprochen und gefragt wurde, ob ich als Torwarttrainer einsteigen möchte, konnte ich mir eine Laufbahn als Trainer eigentlich noch nicht vorstellen. Nachdem ich mir dann eine schwere Knie- und Sprunggelenksverletzung zugezogen habe, war der aktive Teil meines Fußballlebens vorbei. Kurze Zeit später sollte ich die 2.E-Mädchen als Interimstrainer bis zum Saisonende begleiten. Dies hat erstaunlicherweise so gut geklappt, dass ich anschließend diese Mannschaft zugesagt bekommen habe. Obwohl die Hinrunde noch recht durchwachsen war, holten wir in dieser Saison auf Anhieb die Hallenmeisterschaft, dann den Pokal und anschließend, in einem hochdramatischen Endspiel gegen Komet Blankenese die Meisterschaft auf dem Feld. Mit der Zeit wurde die Arbeit immer professioneller und ausgereifter, was nicht heißen soll, dass sie zuvor nicht professionell war. Ich konnte durchsetzten, dass mittlerweile alle älteren D-Mädchenmannschaften Erfahrungen gegen Jungs auf dem Großfeld sammeln und somit der Übergang in den C-Mädchenbereich leichter fällt. Zudem hat sich bei dieser Mannschaft der Weg bewährt, bereits im älteren E-Mädchenbereich drei Mal in der Woche zu trainieren. Mittlerweile sind wir fünf Mal die Woche auf dem Fußballplatz. Das ist mit Sicherheit ein weiterer Aspekt der Entwicklung, die diese Mannschaft durchlebt hat. Eine ganz große Eigenschaft der Mannschaft ist der innere Zusammenhalt. Das betrifft nicht nur die Spielerinner untereinander, sondern auch die Eltern und den Trainer. Es hat sich ein freundschaftlich-professionelles Verhältnis entwickelt, welches ich im Fußball so noch nicht erlebt habe. Aus diesem Blickwinkel ist es sehr schade, dass die Mannschaft nun gegen ihren Willen ein neues Trainergespann bekommt, zumal die Bundesligaabteilung nie das Gespräch mit mir gesucht hat. Was meine persönliche Zukunft betrifft, kann ich mir derzeit aber nichts besseres als meine neue Aufgabe in der kommenden Saison vorstellen.

Die Torjäger: Du bleibst dem HSV erhalten. Welche Aufgaben wirst Du jetzt übernehmen?

Sebastian Günther: Ich wechsle ins Leistungszentrum und werde dort Co-Trainer von Frank Spitzer, der die jüngeren D-Junioren trainiert. Meine Aufgaben als Torwarttrainer beim HSV und als Assistent beim DFB-Stützpunkt Sachsenweg, was ich parallel zu den D-Mädchen gemacht habe, kann ich aus zeitlichen Gründen leider nicht mehr weitermachen.

Die Torjäger: Wir wünschen Dir auf jeden Fall viel Erfolg, Spaß, und vielleicht sieht man sich ja mal wieder!

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