Die 2. Frauen des HSV haben das Lokalderby der Regionalliga Nord gegen den FC Bergedorf 85 gewonnen. Am Sonntag setzte sich die Mannschaft von Peter Schulz verdient mit 2:0 gegen den amtierenden Tabellenführer durch. Schulz hatte sein Team mehrmals unter der Woche in Gesprächen auf das Spiel eingestellt. Offensichtlich ist es ihm gelungen, dem Team sowohl Konzentration und Fixierung auf die bevorstehende Aufgabe, aber auch die nötige Lockerheit mitzugeben. Vor- und während des Spiels wirkten seine Spielerinnen hoch konzentriert und engagiert, ohne dabei zu verkrampfen. Es wurde viel gelacht und gescherzt – um sich dann wieder auf die nächste Spielszene zu konzentrieren.
Dabei musste die Mannschaft kurzfristig umgebaut werden. Im Abschlusstraining hatte sich Fjolla Gara verletzt und ihre Mittelfeldpartnerin Jana Wethje zog noch am Spieltag selbst ein Infekt aus dem Verkehr. Damit waren alle bisherigen Überlegungen hinfällig. Schulz musste – wie so oft – spontan reagieren. Zu berücksichtigen war auch, dass mit Katharina Stuth, Songül Aydin und Jennifer Kaminski immerhin drei seiner Spielerinnen am Vortag die Verbandsligamannschaft über 90 Minuten unterstützt hatten und Stuth aufgrund der Statuten nicht spielberechtig war.
Hilfreich war da, dass Achim Feifel, Trainer der 1. Frauen, zwei seiner Spielerinnen nicht mit nach Freiburg genommen hatte. Christine Schoknecht und Nina Brüggemann haben lange und schwere Verletzungen hinter sich. Sie sind zwar inzwischen wieder im Mannschaftstraining der 1. Frauen eingestiegen, sollen aber vor dem ersten Einsatz in der Frauen-Bundesliga Spielpraxis auf hohem Niveau bekommen. Und für hohes Niveau steht Bergedorf nicht erst seit dieser Saison.
Mit fünf Siegen aus fünf Spielen, darunter der quasi historische Sieg bei dem TSV Eintracht Immenbeck, seit gefühlten Ewigkeiten Zuhause ungeschlagen, kam der amtierende Tabellenführer sicher nicht nach Norderstedt, um ohne Punkte wieder nach Hause zu kehren. Der starke Kader der Vorsaison wurde im Sommer erneut aufgewertet. Diverse gute Spielerinnen stießen zu den Elstern. Darunter auch weitere mit HSV-Hintergrund, beispielsweise Anna-Lena Stäbler und Lysianne Poleska (beide HSV B1), Nadine Odzakovic und Kathrin Miotke (beide HSV Regionalliga), sowie Desirée Steinike (HSV I) und – mit einem Umweg über den SC Eilbek – Jasmin Wolf (ebenfalls HSV Regionalliga). Es gab also auch ein größeres Wiedersehen mit „alten“ Bekannten.
Die Partie, dass sei vorweggenommen, war erfreulich fair. Beide Teams spielten zwar engagiert, doch keine Spielerin übertrieb ihren Einsatz. Das ist sehr positiv. Umso ärgerlicher ist es, dass es dennoch zwei Verletzungen zu beklagen gibt. Desirée Steinike (27.) und Franka Dreyer (76.) mussten vorzeitig ausscheiden. Die erste Kunde aus dem Krankenhaus lässt schwere, langfristige Verletzungen vermuten. Beiden sei an dieser Stelle eine rasche, unkomplizierte Genesung gewünscht.
Doch zum Spiel. Peter Schulz bot im Tor Cathérine Knobloch auf. Viele wissen, dass sie dort zuletzt eher selten spielte. Genauer: Seit Jahren nicht mehr. Aber da Katrin Schwing derzeit noch die Folgen ihrer in Kiel erlittenen Verletzung ausbremsen und Julia Prosch erst ab 1.11. spielberechtigt ist, musste diese Lösung her.
Knobloch hinterließ dadurch eine Lücke in der Linksverteidigung. Diese füllte Christine Schonkecht bemerkenswert gut aus. Trotz der langen Verletzungspause brachte sie eine sehr gute Leistung, schlug viele gefährliche Standards und sorgte sowohl für Dampf, als auch für Sicherheit auf ihrer Seite.
Wie Schoknecht fügte sich auch Nina Brüggemann sehr gut in das Team ein. Immerhin trainieren beide regulär nicht mit dieser Mannschaft und hätten als Fremdkörper wirken können. Doch keineswegs. Außenstehenden wäre sicher verborgen geblieben, dass das zwei „Gastspielerinnen“ im Team sind. Brüggemann und Schoknecht harmonierten ausgesprochen gut mit ihren Mitspielerinnen. Es war eine Freude zu sehen, wie gut beispielsweise Brüggemann und Pajtesa Kameraj auf der Doppelsechs zusammenspielten, immer wieder gut verschoben. Brüggemann und Kameraj sicherten gut ab und brachten sich sehr oft in der Offensive ein. Nicht umsonst schossen beide auch jeweils ein Tor.
Das soll die Leistung der Offensivkräfte Justine Kusi und Claudia Teixeira-Pinto nicht schmälern. Im positiven Sinne fing bei Ihnen die Abwehrarbeit an. Beide störten schon früh die Offensivbemühungen der Gäste. Zunächst Spitze Kusi, dahinter auf der 10 Teixeira-Pinto.
Die Beiden fanden aber auch Gelegenheit, dass Offensivspiel anzukurbeln. Pinto wirbelte im Mittelfeld und Kusi beschäftige immer wieder die Defensive der Gäste – verhinderte so ein ums andere Mal ein geordnetes Aufbauspiel der Bergedorferinnen.
Unterstützung fanden beide in Tania Rocha Ferreira und Lara Wolff. Die äußeren Mittelfeldspielerinnen zeigten eine kämpferisch starke Leistung. Lara Wolffs Stärke ist hinlänglich bekannt, doch auch Tania Rocha Ferreira hat mächtig an Defensivkraft gewonnen und eroberte viele Bälle. Zudem brachte sie die linke Abwehrseite der Gäste immer wieder mit ihren Tempovorstößen in Verlegenheit. Zudem sind Wolff und Rocha Ferreira stets Abschlussstark und ließen die Gäste erst gar nicht daran denken, die Defensivarbeit vernachlässigen zu können.
Ein weiteres Schmuckstück war im Spiel die Viererkette. Allen vier Spielerinnen darf man zu einer starken Leistung gratulieren. Links hielt die schon erwähnte Christine Schoknecht den Laden dicht. Auf der anderen Seite machte es Paula Ziselsberger nicht minder gut. Zudem schickte sie wiederholt Rocha Ferreira mit guten Steilpässen Richtung Bergedorfer Tor.
In der Innenverteidigung ließen Denise Meinberg und Tanja Thormählen nichts anbrennen. Laufstark, zweikampfstark und robust ließen sie den Gästen kaum Gelegenheiten zu Torchancen zu kommen. Und in den wenigen Situationen, in denen beispielsweise Maria Albrecht durch war, hatte man ja noch Cathérine Knobloch zwischen den Pfosten.
Viel bekam sie nicht zu tun. Aber immer dann wann sie gefordert war zeigte sich Knobloch auf der Höhe und reagierte prächtig. So in der ersten Halbzeit gegen Miotke oder in der zweiten Halbzeit gegen Albrecht und Odzakovic.
Als dann ein Abwehrversuch von Rocha Ferreira etwas verunglückte, war die Querlatte so freundlich für Knobloch einzuspringen. Diese Querlatte hatte auch ein Herz für die Bergedorferinnen, als der Ball nach einem Freistoß von Christine Schoknecht eben diese traf.
Bei all diesem Lob für die HSV-Spielerinnen sollen die Gäste nicht zu kurz kommen. Bergedorf zeigte, wieso man bisher so erfolgreich war. Starke Einzelspielerinnen die durchaus gefällig zusammenspielen können. Erst durch die Stärke der Bergedorferinnen war es heute ein auch für den neutralen Beobachter unterhaltsames Spiel auf hohem Niveau. Guter Fußball eben. Lange Zeit auch eine enge Partie. Der HSV war, meiner Meinung nach, aber jeder Zeit Herr der Lage, ließ weniger Torgelegenheiten zu und hatte in der ersten Halbzeit die klareren Chancen, etwa durch Kameraj, Brüggemann oder Schoknecht. Hier zeigte Jasmin Hadrous wiederholt ihr Können und hielt sicher oder warf sich mutig den Hamburgerinnen entgegen. Sie zeigte eine, von einer kleinen Unsicherheit in der zweiten Halbzeit abgesehen, sichere Leistung und hatte damit auch ihren Beitrag dazu geleistet, dass die Partie bis zum Schluss eng blieb.
Richtig klar, dass die drei Punkte an den HSV gehen würden, war es erst nach dem viel umjubelten 2:0 durch Nina Brüggemann in der 90. Minute. Der HSV überstand auch die Nachspielzeit von drei Minuten ohne größere Probleme und durfte sich am Ende dieser Partie über drei Punkte – und die Tabellenführung als nun einziges ungeschlagenes Team der Liga – freuen.
Für den HSV war es ein gelungener Sonntag. Anders bei Bergedorf. Die Gäste blieben nicht nur erstmals ohne Punktgewinn, sondern mussten leider auch zwei schwerer verletzte Spielerinnen beklagen. Viel mehr kann nicht schief gehen.
Der HSV bestreitet am Mittwoch in Norderstedt um 18:30 ein Freundschaftsspiel gegen den dänischen Club Oure-skolernes BK und gastiert am kommenden Sonntag in Osnabrück bei der TSG Burg Gretesch. Bergedorf empfängt die Zweite des SV Werder Bremen, immerhin inzwischen auf Platz drei der Tabelle vorgerückt.
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