Dieses Interview ist schon länger in Vorbereitung. Es sollte eigentlich nur um die 3. Frauen gehen. Doch durch die aktuellen Entwicklungen um die 4. Frauen, bekommen einige Fragen eine neue Bedeutung. Mac Agyei-Mensah hat sich auch zu der jüngsten Situation geäußert:
Kuddel: Hallo Mac! Im Sommer hat der HSV den Kader der 3. Mannschaft zusammengestellt und anschließend Dich gefragt, ob Du als Trainer zur Verfügung stehen würdest. Wie kam es zu Deinem Engagement? Du warst ja eigentlich schon weit, weit weg.
Agyei-Mensah: Das stimmt, ich habe knapp ein halbes Jahr in Ghana verbracht. Trotz der Distanz blieb der Kontakt zum HSV bestehen. Zeitgleich zu meiner Rückkehr entstand die 3. Mannschaft. Ende Mai hatten Thorsten Wolff und ich das erste Mal über ein erneutes Engagement gesprochen. Nach einem Telefonat mit Thorsten Wolff, während der Sommerpause, und dem anschließendem Treffen mit der Sportlichen Leitung bestehend aus Peter Schulz und Thorsten Wolff, übernahm ich den Posten.
Kuddel: Wie erwähnt hattest Du keinen Einfluss auf die zur Verfügung stehenden Spielerinnen. Einige kanntest Du sicherlich aufgrund Deiner vorherigen Aufgabe als HSVB2-Trainer, viele jedoch nicht. Eine schwere Ausgangslage, oder?
Agyei-Mensah: Es ist nicht die ideale Ausgangslage gewesen. Normalerweise gibt es einen bestehenden Kader und als Trainer möchte ich natürlich so viel Einfluss wie möglich nehmen, insbesondere bei der Kaderzusammenstellung. Das war in diesem Fall nicht möglich.
Einmal, weil ich erst zu spät dazu stieß und zweitens, weil es keine bestehende Mannschaft gab. Eine Mannschaft bestehend aus Bezirksliga- und 2. B Spielerinnen in der höchsten Hamburger Liga zu etablieren, war aber eben auch für die Abteilung eine Herausforderung, die durchweg positiv angegangen wurde. Der Kader wurde so zusammengestellt, dass ein Verbleib in der Verbandsliga durchaus realistisch erschien. Es gab ja nicht die nötige Zeit, um externe bzw. verbandsligaerfahrene Akteurinnen zu gewinnen. Somit bin ich aufgrund der Ausgangslage durchaus zufrieden mit dem Kader.
Kuddel: Vor der Saison wusste niemand so recht einzuordnen, welche Rolle Deine Mannschaft würde spielen können. Einige sprachen von Kanonenfutter, andere meinten – mit etwas Zeit – würde sich das Potenzial der Einzelspielerinnen gewinnbringend zeigen. Im Grunde kannte keine Spielerin die Verbandsliga. Bist Du mit der Akklimatisierung zufrieden?
Agyei-Mensah: Unser Ziel ist es, die Klasse zu halten. Wie viele Tore wir schießen, oder kassieren, interessiert nur am Rande. Sieben Spieltage lang waren wir Punktelieferant, haben uns aber bis auf Wilhelmsburg und Eilbek in keinem Spiel abschießen lassen. Also kann von Kanonenfutter überhaupt keine Rede sein. Wir hatten kalkuliert, dass wir fünf bis sechs Spieltage brauchen würden, um anzukommen.
Wir haben aber auch gehofft, in dieser Lehrlingsphase den einen oder anderen Punkt für den Klassenerhalt einfahren zu können, was uns leider bis auf das Auftaktspiel verwehrt blieb. Und das es in dieser Phase gegen ambitionierte Teams wie Eilbek, Wilhelmsburg oder Duwo, zu ein, zwei Gegentoren mehr kommen kann, musste nicht nur unser Team erfahren. Es war uns allen bewusst, dass wir Zeit brauchen würden, um uns an die Liga zu gewöhnen. Dementsprechend wurden in der Saisonvorbereitung, von Thorsten Wolff, auch die Testspielgegner ausgesucht, um der Mannschaft von Anfang an die Anforderungen dieser Spielklasse aufzuzeigen. Die Anpassung ist noch nicht komplett vollzogen.
Unsere erste Saison mit dieser Mannschaft in der Liga ist eindeutig ein Lehrjahr, für die Mannschaft als auch für mich. Deswegen bin ich prinzipiell mit der Entwicklung der Mannschaft wie auch der einzelnen Spielerinnen zufrieden. Einigen der Spielerinnen ist es gelungen sich bereits sehr zu akklimatisieren, andere sind dabei, diesen Schritt in Kürze zu vollziehen. Als Mannschaft können wir mittlerweile mithalten und das macht es den einzelnen Spielerinnen entsprechend einfacher sich dem Niveau anzupassen. Den Spielerinnen merkt man an, dass die anfängliche Unsicherheit sich mehr in ein positives Selbstbewusstsein verändert.
Kuddel: Derzeit steht Dein Team als Drittletzter auf einem Abstiegsplatz. Zuletzt gab es jedoch Siege gegen Tornesch, Harburg und Wellingsbüttel, dazu ein Unentschieden gegen den SC Vier- und Marschlande (bei zwei Niederlagen). Trotz des hohen 0:11 gegen Duwo: Der Trend ist positiv, oder?
Agyei-Mensah: Ja, definitiv war zuletzt ein bemerkenswerter Aufwärtstrend zu erkennen. Es war festzustellen, dass wir vor allem im Vergleich zu unseren Tabellennachbarn, wie Wellingsbüttel oder Tornesch, aufschließen konnten. Und das nicht nur tabellarisch, sondern auch spielerisch. Die Erfolgserlebnisse mussten sich zwangsläufig einstellen. Die Mannschaft nahm die Spielgeschwindigkeit immer besser an.
Das Unentschieden gegen SC Vier- und Marschlande war völlig unnötig, genauso wie die Niederlage gegen Niendorf. Wir haben diese Punkte liegen lassen, eigentlich war das fahrlässig von uns, aber wenn man den Trend bewertet, kam es nicht zur Stagnation. Auch in diesen Spielen schafften wir es, teilweise spielbestimmend zu sein. Wichtig, und der entscheidende Faktor war, dass die Mannschaft trotz teilweiser schwerer Rückschläge (Niederlagen, Verletzungen) es schaffte, sich aus diesen Rückschlägen weiter zu entwickeln. Die Folge war, dass wir von Spiel zu Spiel auch mehr an den eigenen Erfolg (Sieg) glaubten und ihn letztendlich uns auch erarbeiten konnten.
Wir können uns auf diesen letzten Erfolgen aber nicht ausruhen. Um die Klasse zu halten, ist es wichtig, dass wir sofort an unsere Leistungen der letzten Spiele anknüpfen und uns darüber hinaus sogar steigern. Ich bin davon überzeugt, dass wir unser Leistungsvermögen noch nicht voll ausgeschöpft haben.
Kuddel: Du hast es eben angedeutet. Dein ohnehin mit 15 Spielerinnen nicht üppig ausgestatteter Kader hatte viel Verletzungspech. Beispielsweise Johanna Karrenbauer, Kristin Witte, Alina Ogundipe, Michelle Porsch, Jana Anger und Nadine Enriquez hatten oder haben langwierige Verletzungen. Dazu kam, dass Melanie Aumüller während der Hinrunde von sich aus ausschied. Einen gelernten Torwart habt Ihr auch nicht. Wann sind Deine Spielerinnen wieder fit und gibt es Aussicht auf neues Personal?
Agyei-Mensah: Nicht zu vergessen Anna-Lena Lütkemüller, die mit einem Meniskusschaden wieder mindestens 8 Wochen fehlt. Es ist ein Zustand, der uns natürlich an die Substanz geht. Die Spielerinnen gaben sich diesbezüglich sprichwörtlich die Klinke in die Hand. Das Ausscheiden von einer Spielerin wie Melanie Aumüller wiegt natürlich schwer. Ihren Wegfall haben aber andere Spielerinnen wie Patricia Zimmermann, Bianca Kleberc oder eine Senem Ulas für sich und die Mannschaft nutzen können.
Verletzungen, die in dieser Summe gleichzeitig auftreten, erschwerten zudem die Trainingsarbeit und die Auf- und Einstellung aufeinander. Aber es ging auch Konkurrenten so, demzufolge suchen wir darin keine Ausreden. Numerisch ist der Kader um 2,3 Spieler zu schwach aufgestellt. Hilfe gab es durch die beiden B-Mannschaften und die 4., sowie Unterstützung von der 2. Glücklicherweise konnte immer wieder eine der Bezirksliga- oder Regionalliga Torhüterinnen einspringen. Aber auf der Torhüter Position hoffen wir, jetzt eine Lösung gefunden zu haben.
Kuddel: Welche?
Agyei-Mensah: Yara Kappes und Luisa Schlemmer aus der Bezirksligamannschaft verfügen beide über Praxiserfahrung auf der Position. Wobei Luisa der etatmäßige Torwart der 4. war.
Kuddel: Nachdem sich der HSV aus der Bezirksliga zurückgezogen hat, werden sicherlich einige weitere Spielerinnen in Dein Team rücken. Steht schon fest wer?
Agyei-Mensah: Zunächst mal werden das Nicol Hirdler, Yara Kappes, Kaya Kappes, Soso Treu und Kristin Rosbander sein. Die anderen Spielerinnen der Bezirksliga werden weiterhin die Möglichkeit haben, sich über das Training anzubieten.
Kuddel: Wie schon angesprochen, wurde Dein Team immer wieder mit Spielerinnen aus dem Kader der Regionalliga, Bezirksliga oder der B-Mädchen unterstützt. Wie siehst Du diese Zusammenarbeit? Erschwert es der ständige Personalwechsel nicht, Automatismen einzustudieren?
Agyei-Mensah: Selbstverständlich erschwert es die Entwicklung von Automatismen innerhalb eines Kaders. Dennoch bin ich der Meinung, dass gerade diese Art der Zusammenarbeit perspektivisch der Garant für qualitativ hochwertigen Frauenfußball ist. Denn gerade diese enge Verzahnung und Durchlässigkeit ermöglicht es den Spielerinnen, sich innerhalb eines Vereins bis in die höchste deutsche Spielklasse zu entwickeln.
Insbesondere für talentierte und ehrgeizige Spielerinnen mit mehr oder weniger Erfahrung, bieten wir eine optimale Plattform. Der ständige Austausch unter den Trainern ermöglicht eine leistungsbezogene Anpassung und Förderung einzelner Spielerinnen. Jüngere Spielerinnen gewinnen schon mal erste Eindrücke und Regionalliga Spielerinnen können einen positiven Einfluss auf die Mannschaft haben.
Kuddel: Die ersten Monate hattest Du noch Thorsten Wolff an Deiner Seite. Inzwischen hat er vernünftigerweise einige seiner sehr zahlreichen Aufgaben abgegeben. Dazu zählt auch das Amt des Co-Trainers bei den 3. Frauen. Wie gehst Du mit dieser Belastung um und besteht Aussicht, dass Du noch eine Trainerin oder einen Trainer zur Seite gestellt bekommst?
Agyei-Mensah: Ich musste leider eine Trainingseinheit streichen. Wir trainieren nun zweimal die Woche, wie die meisten anderen Verbandsligisten auch. Ob in naher Zukunft ein Co-Trainer da sein wird, ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu sagen. Thorsten Wolff und ich selber auch haben schon Gespräche geführt und hoffen, dass sich das demnächst konkretisiert.
Kuddel: Ein kleiner Ausblick. Wo siehst Du Dein Team am Saisonende?
Agyei-Mensah: In der Verbandsliga.
Kuddel: Einverstanden. Danke Mac, dass Du Dir die Zeit genommen hast.
Agyei-Mensah: Danke Dir. Für die Zeit und den Enthusiasmus, den Du Woche für Woche aufbringst. Auch im Namen der Mannschaft.